Volltext: Maximilian Liebenwein - Das Marienleben

Maria und Josef fliehen nach Aegypten, um 
den Christusknaben vor Herodes zu schützen (neuntes Bild). 
Nachdem sie seinen Tod erfahren, kehren sie wieder 
in die Heimat zurück und begrüßen Elisabeth mit 
dem Knaben Johannes. 
Ein reizendes Idyll ist „Anna Selbdritt“. Chri— 
stus besucht seine Großmutter. Wir werden in einem Blu— 
mengarten versetzt, Burgkapelle und ein eisenbeschlagenes 
Tor — wir sind wohl in Burghausen — geben den wunder— 
vollen Rahmen ab für die drei Gestalten. Maria im blauen 
Kleide, den Schlüsselbund an der rechten Seite, pflückt von 
den hohen Gartengewächsen Bohnen. Die heilige Anna, die 
auf einer Steinbank sitzt, spricht zum Knaben, der liebevoll 
zu ihr aufblicktt. 
Den Abschluß der Reihe bildet der Tod des Hero— 
des, der ja durch seine Grausamkeit das Geschick der hei— 
ligen Familie so stark beeinflußt hat. „Deine Zeit ist abge— 
laufen — du alter Sünder!“ Der Tod hält ihm die Sand— 
uhr vor. Die Teufel umringen ihn von allen Seiten. Das 
Bild bot dem Meister reichliche Gelegenheit, die verschie— 
densten Menschentypen zu zeichnen. Nicht sofort will man 
sich in das Bild hineinfinden. Trotz allem bietet es eine 
Fülle von Anregungen. Es ist das Gegenstück zum Kinder— 
mord von Bethlehem. J 
Wir haben dem Marienleben etwas mehr Zeit 
gewidmet. Es ist ein kostbarer Schatz, der den Besuchern 
von Vöcklabruck immer wieder Freude bereiten wird. 
Dürer sah in Maria die Patrizierfrau des 15. Jahrhun— 
derts, Liebenwein aber sieht in ihr die Frau unserer Hei— 
mat. Das „Marienleben“ ist Heimatkunst edelster Art. 
Nicht auszuschöpfen ist das Werk Liebenweins, wie es 
sich offenbart in vielen Kalenderköpfen, die er für 
die „Deutschen Gaue“ (Kaufbeuern) gezeichnet, in den Er— 
zählungen zu den deutschen Märchen und Legenden 
— das schoͤnste ist wohl das Rosenwunder der heiligen 
Elisabeth —, in den Bildern zu Meier Helmbrecht 
und zum Nibelungenlied. 
Er sah Walther von der Vodelweide auf dem heimi— 
schen Pferde fidelnd durch das Land ziehen: vor dem Dich— 
ter horcht auf die Natur im Frühlingsschmuck. Dem Dichter 
lauscht die schöne, blumenbekränzte Frauenwelt. Und die 
Sänger der Natur können sich dem Zauber seines Sanges 
nicht entziehen. 
So wanderte auch Liebenwein durch das irdische 
Leben — die Menschen erfreuend, die Menschen erhebend. 
Viel Dank sei dir gezollt, Meister der Farbe!
	        
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