Volltext: Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga

166 Der Grenzschutz in Litauen von Ende Februar bis Anfang September 1919. 
deutscher Soldat schoß auf einen litauischen Posten vor dem Gebäude der 
kurz zuvor in Kowno eingetroffenen Ententekommission'). Zwei Tage 
vorher hatten einige deutsche Soldaten die französische, englische und 
amerikanische Flagge vom litauischen Kriegsministerium, in dem gerade 
ein offizielles Fest mit den Ententevertretern stattfand, entfernt. Anderer¬ 
seits gab aber auch die litauische Regierung durch ihr Verhalten Anlaß 
zu Mißstimmung bei der deutschen Truppe. Die Ententekommissionen 
waren in einer Form, die das deutsche Empfinden stark verletzen mußte, 
eingeholt und überschwenglich gefeiert worden. Dabei hatte es die litauische 
Regierung nicht einmal für nötig erachtet, das Generalkommando des 
' Zusammengesetzten Reservekorps rechtzeitig vom Eintreffen der Kom¬ 
missionen sowie von ihren eigenen Absichten in Kenntnis zu setzen. Junge 
litauische Offiziere hatten mehrfach in Kaffees, Wirtschaften usw. deutsche 
Zeitungen in herausfordernder Weise zerrissen und dabei deutschfeindliche 
Äußerungen getan. Auch sonst fehlte es nicht an mehr oder weniger ver¬ 
steckten Andeutungen, daß die Deutschen unbedingt das Feld zu räumen 
hätten, sobald die Litauer es verlangten. Nach dem Vorfall vom 18. März 
setzte eine heftige litauische Preffehetze gegen die Deutschen ein. 
Reibungen mit den Polen. 
Beim Landwehrkorps gab es auch mit den Polen erhebliche Reibungen. 
Am 7. März hatte die nach dem Umsturz im November 1918 mit deut¬ 
scher Genehmigung gebildete „Polnische Schutz Organisation" aufgelöst 
werden müssen, da sie im Kreise Suwalki Aushebungen für die Warschauer 
Armee veranstaltet, Rekruten ausgebildet und nach Kongreßpolen geschickt 
hatte; außerdem war von den Offizieren eine heftige deutschfeindliche Pro¬ 
paganda aufgezogen worden. In dem von der 4. Landwehr-Division an 
die Polen übergebenen Abschnitt verstärkten sich die Polen; das gleiche taten 
allerdings auch — nach Aussagen von Landeseinwohnern — die den 
Polen in Gegend Rozanka gegenüberstehenden Bolschewisten, so daß die 
polnische Truppenanhäufung immerhin auch gegen diese gerichtet sein 
konnte. 
Deutsche Truppenverschiebungcn. 
Nach Abschluß der Unternehmung gegen Szadow befahl das Oberkom¬ 
mando Nord trotz starker Bedenken, die das Zusammengesetzte Reservekorps 
*) Wie die spätere Untersuchung der Leiche ergab, war der litauische Posten tatsächlich 
nicht durch den deutschen Soldaten, sondern durch eine» Mann der litauischen Wache 
erschossen worden, der aus dem Inneren des Torwegs auf die Deutschen geschossen und 
dabei unglücklicherweise seinen eigenen Kameraden getroffen hatte. Urheber deS Krawalls 
waren freilich die deutschen Soldaten gewesen.
	        
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