Volltext: Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga

Rückblick. 
Als um die Jahreswende 1919/1920 der letzte deutsche Soldat die ost- 
preußische Grenze in westlicher Richtung überschritten hatte, war der Vorhang 
über eine der vielen Tragödien der deutschen Geschichte gefallen. Schuld und 
Schicksal hatten wie in jedem echten Trauerspiel zusammengewirkt, um eine 
aus kleinen Anfängen erwachsene, von den Führern und Mitkämpfern mit 
hohem Idealismus betriebene und von vielen Volksgenossen mit ihrem 
Herzblut bezahlte Sache zu einem scheinbar ergebnislosen Ende zu bringen. 
Der Schutz des deutschen Ostens gegen bolschewistische Überflutung, der 
Versuch, das am Boden liegende Vaterland vom Osten her wiederauf¬ 
zurichten und ihm wenigstens den Weg nach dem Osten, die Verbindung 
mit einem neuen Rußland, offen zu halten, der Gedanke, den durch den 
Schmutz der Revolutions- und Nachrevolutionsereignisse befleckten Ehren¬ 
schild des deutschen Soldaten wieder blank zu waschen, und nicht zum 
mindesten auch der Wunsch, die Gefahr des Bolschewismus an seiner Quelle 
zu ersticken — das alles sind Beweggründe, die rückschauende Betrachtung 
als berechtigt und verdienstvoll anerkennen wird. Die Frage ist nur, ob die 
Zeit schon gekommen war, um so Gewaltiges unmittelbar nach Compi«gne 
und nach dem 9. November in die Tat umzusetzen. Bei der Reichsregierung 
sowohl als auch bei der Obersten Heeresleitung konnten jedenfalls in der 
z. T. selbstgeschaffenen Zwangslage des Januar 1919 weitergehende Pläne 
für eine bewaffnete Ostpolitik nicht gefaßt werden. Damals ging die 
alte Armee der endgültigen Auflösung entgegen. Der Feind hatte den 
Westen des Reiches besetzt und mit seinen dauernd verschärften Waffen¬ 
stillstandsbedingungen alle Möglichkeiten eines Widerstands planmäßig zer¬ 
stört. Der Pole streckte seine Hand nach wichtigsten deutschen Gebieten, ins¬ 
besondere nach der Landbrücke nach Ostpreußen und auch nach dem Baltikum 
aus. Die Entente war jederzeit in der Lage, den Seeweg über die Ostsee 
zu sperren. Dazu kam, daß Spartakus und seine Freunde alle Grundlagen 
staatlicher Ordnung und Macht ins Wanken gebracht hatten. Unter diesen 
Umständen trat sogar der Gedanke an die deutschen Volksgenossen in dem 
alten baltisch-deutschen Kulturkreis gegenüber der Notlage des Reiches in 
den Hintergrund. Selbst ausgesprochene Freunde der Balten konnten damals 
Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deutscher Truppen. Bd. 3. jq
	        
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