Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

Donnerstag, 15. Juni 1916. 
Das Regiment als Korpsreserve im Freddotal 
Heute donnert es schon in aller Frühe. Es ist das Prälu 
dium zum Angriff der 3. Armee, der aus der Linie Mte. 
Cengio—Mte. Lemerle—Mte. Kaberla vorgetragen werden 
soll. Viele Batterien des 20. Korps im Raume westlich des 
Asticotales wirken mit. Auch der gestern bei Draghi ein 
gebaute 30.5-cm-Mörser hat seine Tätigkeit aufgenommen. 
Ein schöner Tag begünstigt die feindliche Fliegertätig 
keif. Wir aber bleiben heute von ihnen unbelästigt. 
Die fortwährende feindliche Beschießung der Werk 
straße bei Bugni und Costone und die dadurch verursachte 
Unterbindung jeglichen Verkehrs bei Tag, legt den Ge 
danken nahe, eine Umleitung des Nachschubs von der 
Werkstraße auf die Talstraße zu bewerkstelligen. Eine 
Rekognoszierung im Gelände ergibt die Feststellung, daß 
der Ausbau des Karrenweges von der Werkstraße über 
Draghi zur Talstraße eine günstige Lösung darstellt. Nach 
Festlegung der Trasse werden alle Vorbereitungen ge 
troffen, um schon morgen mit genügenden Kräften die 
Arbeit beginnen zu können. 
Die zunehmende Versteifung des italienischen Wider 
standes auf unserer ganzen Angriffsfront wird von der 
italienischen Führung in geschickter Weise dazu aus- 
genützf, um Leidenschaften zu entflammen und dadurch 
den Angriffsgeist der Truppen in erheblichem Maße zu 
stärken. Der heutige Regimentsbefehl befaßt sich mit einer 
solchen Proklamation an die Soldaten des italienischen 
Heeres, die sie zum äußersten Widerstand gegen den 
Erbfeind auffordert. 
Im letzten Absatz dieses Schriftstückes heißt es: 
„Haltet fest Soldaten! Wir, Eure Mütter, Eure Frauen 
und Kinder sind es, die Euch zurufen: Schützet uns, 
unsere Ehre, unsere Häuser, unsere Felder! Verhindert 
die wilden Brandstifter noch weiter in Italien vor 
zudringen, zu rauben und alles zu zerstören. Denket 
an Euer Vaterland, an Eure Familien und erschlaget 
diese Hunde!" 
Das war ungerecht und gehässig! Jedenfalls verfehlte 
auch diese Verlautbarung ihre Wirkung auf unsere Mann 
schaften nicht. Die Rainer fühlen sich in ihrer Ehre tief ver 
letzt. Leidenschaftlicher Zorn verschließt sich in ihrer Brust, 
gewärtig des Augenblicks, der die Genugtuung schafft. 
Obst. v. Albori nimmt am 16. Juni 1916 bei Freghi 
die Dekorierung der anläßlich der Durchbruchs 
schlacht bei Folgaria ausgezeichneten Offiziere 
und Mannschaften vor