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Dioszeghy zugewiesene Schwarm der 4. Komp, nimmt
die aufsteigenden Kolonnen unter ein derart wirksames
Feuer, daß sie unter Zurücklassung vieler Toter und Ver
wundeter fluchtartig auseinanderstieben. Dreizehn Ita
liener winken tief unten mit weißen Taschentüchern, ihre
Gefangennahme ist aber hier unmöglich. Ohne beson
deres Ereignis vergeht der Nachmittag. Nur gegen Abend
gibt es eine kleine Aufregung. Bei den Feldwachen ist eine
Schießerei entstanden, die Anlaß für eine vorübergehende
Besetzung der Hauptstellung durch die 3. Komp. war.
Um 10 Uhr abends setzt sich die halbe 3. Komp, in
Bewegung. Jeder Mann trägt seinen Sandsack, der zum
Ausbau der Feldwachenstellung dient. Das Gelände bis
zum Beginn des Verbindungsgrabens ist bald durchschrit
ten. Infanteriegeschosse schwirren über die Köpfe der
Marschierenden, aber noch sind sie gedeckt durch das
linker Hand schwach ansteigende Gelände. Einzeln hinter
einander gehts durch den Verbindungsgraben. Gleich am
Beginn desselben wird der Einj.-Frw. Franz Huber durch
einen Geller verwundet. Niemand von uns ist über den
Verbindungsgraben orientiert. Alle Grabenposten, an
welchen wir uns vorbeidrängen, warnen uns wohl vor dem
Flankenfeuer; aber wir wissen nicht, wo wir uns decken
sollen, denn in der Finsternis ist uns jede Orientierung un
möglich. Eben sind wieder zwei Leute der 3. Komp, ver
wundet worden. Nur langsam kommen wir weiter. Es zischt
knapp über unseren Köpfen. Wieder eine Stockung! Ein
Mann hat einen Kopfschuß erhalten. Der Tote wird einst
weilen in einem Winkel verstaut. Vorwärts geht’s. Unsere
Grabenbesatzung hat ihr langsames Feuer verstärkt.
Handgranaten krepieren, Gewehrgranaten pfauchen über
Die Verluste auf „Cimone Süd" am 24. Juli 1916
Tot:
4. Komp. Jungwirth Anton, Ldstm.
Braunau, O.-ö.
Piesl Johann, Ldstm.
Niederthalheim, Vöcklabruck, O.-ö.
Steinböck Karl, Einj.-Frw.-Kpl.
Budapest, Ungarn
den Verbindungsgraben. Greift der Feind an? Der Ge
fechtslärm wird immer heftiger. Die Ablösung hat unter
dessen das Feuer der Grabenbesatzung verstärkt. Nach
einigen Minuten ist der Rummel wieder vorbei. Weiter
geht’s! Wieder eine Stockung! Auf einer an die Fels
wand angelehnten zwei bis drei Meter hohen primitiven
Leiter steigt die neue Ablösung der Feldwache zum
Grat empor. Zwanzig Schritte weiter vorne sollen unsere
Feldwachen sein. Laufschritt! Nun sind wir so weit. Dreißig
Schritte vom Feind entfernt befinden sich die vordersten
Schützenmulden. Die mitgebrachten Sandsäcke tun jetzt
wertvolle Dienste. Auf demselben Weg, den wir ge
kommen, zieht sich die abgelöste Feldwache in den Ver
bindungsgraben zurück.
Unsere Postenlinie verläuft entlang der kleinen Steil
abfälle mit der der schmale Grat auch gegen Osten ab
fällt und wird von feindlichem Infanterie- und Maschinen
gewehrfeuer vollständig bestrichen. Trotz aller Finsternis,
die sich wie ein schwarzer Mantel über dem Gelände aus
breitet, sind überall die Spuren heftigster Kämpfe zu er
kennen. Vor den am weitesten gegen den Gipfel vor
geschobenen Postenständen liegen noch einige Tote aus
den Kämpfen von heute früh. Einer davon lehnt in halb
sitzender Stellung in einer Grube, das Gewehr in der
rechten Hand, den Kopf vornübergeneigt, als wenn er sich
decken wollte. Bis vor Mitternacht ist es verhältnismäßig
ruhig. Nur aus der Valedaschlucht tönt von Zeit zu Zeit
das Jammern eines verwundeten Italieners herauf. Am
Gipfel aber wacht der Feind. Hie und da knattern seine
Maschinengewehre, Handgranaten und Steine schleudert
er bis knapp vor unsere Postenlinie.