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Das III. Baon marschiert von Scalzeri im Asticotal nach Baito Casalena
Das III. Baon hat in Scalzeri eine geruhsame Nacht ver
bracht und schickt sich eben an, seine Quartiere zu ver
lassen.
Etwa 6 Uhr früh ist es, als sich das Baon in Bewegung
setzt, um über Posta—BoscoScuro—Monari, Baito Casalena
zu erreichen. Wegen der Schwierigkeiten des Aufstieges
haben die Maschinengewehrabteilungen, der Gefechts
train und alle Pferde den Umweg über Laste basse—
Cueli—Malga Secunda Posta zu nehmen.
Es war immerhin ein Marsch von fünf Stunden bis nach
Mittwoch, 28. Juni 1916.
Die 5. Komp, in Stellung auf „Cimone Süd''
Die Werkstraße vor der Stellung der 7. und 8. Komp,
bildet nicht die einzige Aufstiegsmöglichkeit auf den west
lichen Plateaurand. Fast parallel zu ihr führt von der ersten
Straßenkehre abzweigend ein Fußsteig herauf, der etwa
im Raume des rechten Flügels der 7. Komp, den Plateau
rand erreicht. Dort ist allerdings ein „Koffer" errichtet, aber
er hat, wie so viele, keinen Ausschuß in den vor ihm liegen
den toten Raum.
Es beginnt zu grauen. Kein Laut unterbricht die Stille
des Morgens. Plötzlich eine starke Explosion im „Koffer",
der den Fußsteig sperrt! Der Kommandant Kpl. Holl ist
an der rechten Hand und beim Auge schwer verletzt
worden. Aber auch zwei andere Männer der Besatzung
bluten aus mehreren Wunden. Die Rainer haben sich von
ihrem ersten Schreck rasch erholt. Der Selbsterhaltungstrieb
ist erwacht, denn es geht ums Leben!
Bald ist des Rätsels Lösung gefunden!
Eine schneidige italienische Patrouille hat sich lautlos
auf dem Fußsteig bis knapp unterhalb des Plateaurandes
herangearbeitet, von wo sie überraschend Handgranaten
in den „Koffer" warf. Nun sausen unsere Handgranaten
über den Plateaurand. Auch die Leichtverwundeten be
teiligen sich daran. Dieser heftigen Gegenwehr gegenüber
ist die feindliche Patrouille stark im Nachteil. Bald haben
ihre Handgranatenwürfe aufgehört. Das ist der richtige
Baito Casalena, aber ein herrlicher Tag begleitet ihn. Auf
einem uns zugewiesenen Platz wird nach unserer Ankunft
ein Zeltlager bezogen. Die Wagen und Karreten, die den
Umweg über Sebastiano nehmen mußten, treffen erst um
5 Uhr nachmittags ein.
Wir sind darüber nicht ungehalten, daß wir hier als
Divisionsreserve verbleiben müssen, vor allem deswegen,
weil sie uns die willkommene Gelegenheit bietet, wieder
einmal dem „äußeren Menschen" die notwendige Pflege
zuzuwenden.
Zeitpunkt zur Verfolgung des Feindes. Zum Plateaurand
vor! Wild schreit es der schwer verwundete Kpl. Holl,
der bis zuletzt auf seinem Posten bleibt, seinen Mann
schaften zu. Jeder will dabei sein! Auch Gfr. Dengg
und Inf. H i r s ch b i ch I e r kriechen, obwohl verwundet,
bis an den Plateaurand vor. Handgranaten sausen den
Hang hinunter, auf den sich rasch zurückziehenden Feind.
Auch ihm wurden, wie es scheint, Verluste zugefügt.
Der morgendliche Patrouillenangriff war das einzige
Ereignis des Tages, der im allgemeinen ruhig verlief. Aber
es ist die Ruhe vor dem Sturm!
Etwa y 2 7 Uhr abends beginnt eine Feuerorgie in einer
Stärke, wie wir sie bisher noch nicht erlebt haben. Schwere
und schwerste Geschosse aus allen Richtungen bohren sich
in die Westfront. Ununterbrochen steigen die schwarzen
Rauchwolken der explodierenden Granaten empor. Sie
reißen der Mutter Erde weißliche Gesteinsmassen aus dem
Leibe, schmettern sie mit ungeheurer Wucht nach allen
Seiten. Ein Sausen und Brausen erfüllt die verqualmte Luft.
Ein Splittern und Krachen begleitet die nervenzerreißenden
Explosionen. Bäume werden entwurzelt, zersplittert, ihrer
Blätter beraubt; ihr Astwerk verlegt die nächsten Ver
bindungen. Der Waldboden ist ein Trichterfeld, er raucht
und qualmt. Alle Telephonleitungen sind unterbrochen. Es
ist schon dunkel geworden und noch immer hämmert die