Volltext: Die Rainer am Cimone

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Steinbohrer knattern und die Gegend widerhallen vom 
Lärm der Sprengschüsse. 
Insbesondere müßte man Sorge tragen, daß die auf 
dem Südhang des Mte. Cimone aufgestellten Feldwachen 
durch Anlage von Kavernen vor dem zu erwartenden 
Artilleriefeuer geschützt werden. Aber wozu so viel Arbeit, 
wenn man gar nicht die Absicht hat, die Stellung ernstlich 
zu halten? 
Entlang des dem I. und II. Baon zugewiesenen Front 
abschnittes entstehen allmählich hochaufgebaute Stütz 
punkte und Flankierungsanlagen, auch „Koffer" genannt, 
die den Aufstieg der Italiener auf das Plateau von Tonezza 
verhindern sollen. 
Im Raume der 6. Komp, nördlich der Kote 1136 wurden 
Teile der ehemaligen italienischen Widerstandslinie in den 
Verlauf der eigenen Stellung einbezogen. Hier haben 
Donnerstag, 22. Juni 1916. 
Das I. und II. Baon am Tonezzapiateau 
Heute spüren wir wieder einmal den Hauch des Krieges. 
Das anhaltend schöne Wetter hat die Flieger heraus 
gelockt. Schon um 8 Uhr früh umkreist ein feindliches Flug 
zeug unsere Unterkünfte. Seine Bomben aber vermögen 
keinen Schaden anzurichten. 
Kurze Zeit darauf sausen die ersten Schrapnells nach 
Campana. Was faul in der Sonne liegt, macht lange Beine. 
Man deckt sich hinter den Häusern, deren Ziegeldächer 
wie Glas splittern. Bald aber ist der Spuk wieder vorbei. 
Um 2 Uhr nachmittags wiederholt sich der Feuerüberfal! 
mit dem Zielwechsel auf die nördlich von Campana eta 
blierte Divisionsbäckerei. 
Zwei Männer sind tot, ein Pferd ist verwundet. Unsere 
Unterabteilungen aber berührt dies wenig. Sie sind, wie 
tags zuvor, mit dem Stellungsbau beschäftigt. 
Nur im Rayon der 6. Komp., beim Zuge des Fhnr. Adl- 
g a s s e r, ist heute keine Begeisterung dafür zu erwecken. 
Allerdings begreiflich! Es kann auch niemandem zugemutet 
werden, im Pesthauche verwesender Leichen harte Arbeit 
zu verrichten. Also entschließen sich Fhnr. Adlgasser 
unsere Mörser schauerlich gewirkt. Ein Trichter neben dem 
andern! Dazwischen Massengräber gefallener Italiener. 
Es scheint hier viele Menschen zerrissen zu haben, denn in 
weitem Umkreis zerstreut finden wir Teile ihrer Knochen. 
Ein unerträglicher Geruch verwesender Leichen verpestet 
die Luft und erschwert die Arbeiten. Nur der Umstand, 
daß wir am Abend nach getaner Arbeit in die bequemen 
Unterkünfte Campanas zurückkehren, läßt uns diese Un 
annehmlichkeit erträglich erscheinen. 
Aber auch unsere höhere Führung scheint mit Sorgen 
belastet zu sein. Die Vermutung, daß es zwischen General 
oberst Dankl und dem Heeresgruppenkommando zu 
großen Meinungsverschiedenheiten gekommen ist, findet 
ihre Bestätigung in der heutigen Mitteilung, daß General 
oberst Rohr schon am 17. Juni mit der Führung der 
11. Armee betraut wurde. 
und sein Adlatus, Kdtt.-Asp. Winterstein, das Übel bei 
der Wurzel zu erfassen. Eine genaue Durchsuchung des 
Rayons hat Erfolg. In einer Felsspalte liegend, werden 
endlich die halbverwesten Leichen dreier Alpini entdeckt, 
deren Bergung und Beerdigung nahezu den ganzen Tag 
in Anspruch nimmt. 
Vielen ist zum Speien schlecht; ein dem Verwesungs 
geruch äquivalenter Geschmack legt sich auf Zunge und 
Gaumen. Es graust uns vor dem Essen! 
Ein streng geheimer Befehl der III. ITD. gibt uns Kennt 
nis von den militärischen Plänen, die, uns gerüchtweise 
zum Teil bekannt, sich in den nächsten Tagen zu vollziehen 
scheinen. 
Die III. ITD. wird also auf dem Tonezzapiateau in 
günstiger Lage eine Dauerstellung beziehen, vorläufig 
aber den Plateaurand und den Mte. Cimone als Nachhut 
stellung festhalten. 
Im Einklang mit dieser Rückbewegung wird die VIII. ITD. 
die Priafora, die XXXIV. ITD. den Mte. Cengio räumen. 
Der Rückzug wird in einer noch zu bestimmenden Nacht 
durchgeführt.
	        
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