Längst haben sich die Tapferen verschossen, sie, die mit ihren
eigenen Leibern die erste Bresche in den Feind geschlagen haben.
Ein Siegesrausch hat sie jetzt überkommen. „Da müßten wir ja
Hundsfötter sein," rufen sie dem Fürsten zurück. „Patronen her!
Patronen her!" Und sie stechen und hauen weiter-
So fällt endlich auch Nadasdys letzter Wall, der Gohlauer
Graben, und versinkt in der Sturmflut der Potsdamer Wacht-
parade. Nadasdy wirft feine letzten Kavallerieregimenter in den
allgemeinen Strudel. Dieses Mal aber ist Ziethen bester vor¬
bereitet und wirft sich den Anstürmenden entgegen. Sie stutzen,
jagen zurück oder werden geworfen, stürzen sich in ihrer Flucht
auf die eigene Infanterie und vermehren das allgemeine Chaos.
Auf dem Windmühlenhügel hat man mit Besorgnis den immer
wachsenden Gefechtslärm bei Nadasdy verfolgt. Da trifft auf
schweißgebadetem Pferd ein Bote des Banus von Kroatien ein
und meldet den Zusammenbruch des linken Flügels.
Prinz Karl von Lothringen wird bleich. Er befiehlt, aus seinem
zweiten Treffen nach Süden Reserven abzugeben.
Einzeln, wie sie der Alarmbefehl erreicht, brechen die öster¬
reichischen Bataillone auf und ziehen im hastigen Lauf dem
Kanonendonner entgegen.
Plötzlich befinden sie sich inmitten Scharen von Fliehenden, in
die preußisches Kartätschenfeuer hineinhält. So werden auch sie
in das Verderben hineingeristen, vermehren nur daö Chaos und
verpuffen sinnlos, ohne zum Schuß zu gelangen.
Wie eine ungeheure Maschine des Todes avanciert die preußi¬
sche Infanterie weiter und wendet sich jetzt gegen Leuthen.
Den Österreichern bleibt nichts anderes übrig, als in einer un¬
geheuren Schwenkung nach links die Front nach Süden gegen
den Feind zu gewinnen. In Leuthen selbst werfen sie in aller Eile
Schanzen auf, häufen Steine und Balken, stürzen Karren um
und schleppen herbei, was sich in der Eile finden läßt. Leuthen
muß gehalten werden. Das ist die letzte Hoffnung, und alle sind
entschloffen, sie nicht zu schänden werden zu lasten.
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