Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

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Vorbereitungen zur Offensiv« 
erster Linie im Kampfe selbst suchte und dort auch Vorbildliches leistete, 
aber auch eine freiere Auffassung hinsichtlich der Disziplin vertrat. Sie 
nannten sich nicht umsonst gelegentlich selbst mit Stolz „Landsknechte". 
Daß hieraus mancherlei Konflikte, nicht zum mindesten mit den Dienststellen 
in der Heimat, entstanden, war nicht zu vermeiden. Es bedurfte vieler 
schwerer Lehr- und Arbeitsjahre, um aus diesen Elementen, aus den Resten 
der alten Armee und aus dem Friedensnachwuchs eine neue Wehrmacht zu 
schaffen, auf die das Vaterland, wie einst, mit Stolz und Vertrauen blicken 
konnte. Zunächst galt es, das Führermaterial so zu verwenden, wie es war, 
und allmählich eine wirkliche Tatgemeinschaft zu schaffen. 
Auch die Truppe selbst setzte sich aus drei deutlich sich unterscheidenden 
Elementen zusammen: der 1. Garde-Reserve-Division, der Eisernen Division 
und der Baltischen Landeswehr; aber alle bedurften mehr oder minder des 
inneren und äußeren Ausbaues. Ihre Ausrüstung war unerhört schlecht, 
Nachrichtenmittel fehlten fast vollkommen. Schwere Hilfswaffen waren 
äußerst knapp. Brauchbare Fliegerverbände, die bei den schwierigen Auf# 
klärungsverhältniffen wertvolle Dienste hätten leisten können, waren zunächst 
nicht vorhanden. An ausgebildeten Mannschaften herrschte größter Mangel. 
Wie die Werbung der Freiwilligenverbände unter den Augen der 
deutschen Revolutionäre sich vollzog und mit welchen Schwierigkeiten dabei 
zu rechnen war, zeigt anschaulich eine Tagebuchaufzeichnung des Führers 
der freiwilligen Eskadron des 2. Garde-Dragoner-Regiments, Rittmeisters 
Braun von Stumm: 
„Da ich aus dem Regiment nur ganz wenige Freiwillige bekam und sich 
von außen auch nur einzelne meldeten, ließ ich Plakate drucken, auf denen 
aufgefordert wurde, sich zum Schutze Ostpreußens bei der Freiwilligen 
Eskadron des 2. Garde-Dragoner-Regiments in der Blücherstraße 27 zu 
melden. Die Plakate sollten in allen Stadtbezirken von den schon ein¬ 
gestellten Leuten angeklebt werden. Wie sich später herausstellte, haben diese 
»Klebekolonnen« nur zum Teil wirklich geklebt. Der andere Teil warf die 
Plakate gleich fort und amüsierte sich in der Stadt. 
„Immerhin hatten die Plakate und Zeitungsinserate (auch im »Vor¬ 
wärts«) so viel Erfolg, daß sich täglich eine Unmenge ehemaliger Soldaten 
meldete. Der größte Teil sah so wenig vertrauenerweckend aus, daß er 
gleich wieder fortgeschickt werden mußte. Auch von den übrigen, die ein¬ 
gestellt wurden, war ein großer Prozentsatz unbrauchbar. Entweder ich 
mußte sie schleunigst wieder an die Lust setzen oder sie ließen sich frisch 
einkleiden und verschwanden dann auf Nimmerwiedersehen. Einmal
	        
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