Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

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Die Lage in Nordlitauen und Kurland 
Die 1. Garde-Reserve-Division. 
Die Hauptsache aber, die Hebung der Stimmung und des Selbstver¬ 
trauens der Truppe, kam auch in dem Lagenbericht des Gouvernements 
Libau zum Ausdruck, das nunmehr, trotz der inzwischen beim Gegner ein¬ 
getroffenen Verstärkungen, bestimmt mit der Behauptung der Windau- 
Linie rechnete. Eine durchgreifende Änderung konnte aber erst mit dem Ein¬ 
treffen der 1. Garde-Reserve-Division Platz greifen, die das 
Oberkommando Nord am 4. Februar dem VI. Reservekorps zugeteilt hatte. 
Diese in den Westkämpfen in jeder Richtung bis zum letzten Augenblick 
bewährte Division war Mitte Dezember 1918 in Berlin eingetroffen und 
hatte mit ihrer Demobilmachung begonnen. Schon um Weihnachten war 
ihre Stärke so zusammengeschrumpft, daß außer einigen Stoßtrupps kaum 
mehr die zur Pferdepflege erforderlichen Leute beisammen waren. 
Als daher die Division am 22. Dezember unmittelbar vor Abschluß der 
Demobilmachung den Befehl erhielt, sich zum Kampf im Baltikum neu zu 
formieren, entstand zunächst eine erhebliche Verlegenheit. Es fehlte so ziem¬ 
lich an allem, vor allem auch an Geld, ohne das an eine Werbung nicht zu 
denken war. Erst als die Division mit der schon damals bestehenden Werbe¬ 
stelle Baltenland in Verbindung trat, an deren Spitze der jüngere Bruder 
des Deutschen Generals in Finnland, Regierungsrat Graf von der Goltz, 
stand, kam die Wiederauffüllung der Regimenter in (Sang1). Vor allem gelang 
es der Division, eine Anzahl bewährter Führer zu gewinnen, denen sich bei 
der Auflösung der alten Truppenteile die besseren Elemente aus dem Mann¬ 
schaftsstande anschlossen. Auch ganze Kompanien, Eskadrons und Batte¬ 
rien kamen, zusammengehalten durch die Anhänglichkeit an ihre Führer. 
Pflichtgefühl und Begeisterung trieb die einen; dazu kamen Scharen von 
Entwurzelten aller Art, Abenteurer, zum Teil als Soldaten brauchbar, viel¬ 
fach aber moralisch nicht eben einwandfrei, bestrebt, sich in erster Linie selbst 
„gesund zu machen", eine Truppe, die nur durch dauernde Überwachung 
und „Reinigung" mit Hilfe der verhältnismäßig zahlreich sich meldenden 
Offiziere und Unteroffiziere der Kriegsregimenter der Division zusammen¬ 
zuhalten war. 
Trotzdem und trotz den ungeheuren Schwierigkeiten, unter den Revoln- 
tionsverhältniffen das Nötigste an Bekleidung und Ausrüstung zusammen¬ 
zubringen, gelang es im Laufe des Monats Januar in der Gegend von 
*) Die von der Werbestelle Ballenland zusammengestellten Werbebedingungen sind 
in Anlage 1 abgedruckt. Sie sind bezeichnend für die Schwierigkeiten, unter denen sich 
damals die Beschaffung des Ersatzes für die Freikorps vollzog.
	        
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