Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

Die russischen Bolschewisten 
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Herrn von Samson und des ehemaligen russischen Kapitäns zur See Baron 
Taube. Er zeigte aber alle Schwächen des parlamentarischen Systems: er 
war schwer zu schnellem und einheitlichem Handeln zu bringen. Die hinter 
ihm stehenden Bevölkerungsteile waren zahlenmäßig zu schwach — drei, 
nach anderer Lesart sieben v. H. der Einwohnerschaft —, um sich in demo¬ 
kratischen Zeiten durchsetzen zu können. 
Besondere Sorge bereiteten den maßgebenden deutschen Stellen die Zu¬ 
stände in L i b a u, wo die gesamte Arbeiterschaft bolschewistisch verseucht 
war und nur auf den geeigneten Augenblick wartete, um über die Deutschen 
herzufallen. Um einen ernsthaften Aufstandsversuch der großenteils be¬ 
waffneten Arbeiterschaft niederzuschlagen, fehlten dem Gouvernement die 
Kräfte. Von den drei vorhandenen Besatzungsbataillonen war nur das des 
Hauptmanns der Landwehr Tönniges zuverlässig. Von den beiden anderen 
bezeichnete der Gouverneur es als fraglich, ob sie sich bei Ausbruch von 
Unruhen überhaupt zur Wehr setzen würden. 
Die Gegner endlich, dierussischenBolschewisten, hatten mili¬ 
tärisch während ihres Vormarsches wenig zu leisten gehabt, weil ihnen in¬ 
folge der völligen Zersetzung der deutschen Truppen alles mehr oder minder 
von selbst zufiel. Ihre Offensivkraft war gering. Sie faßten nur zu, wo 
es leichte Beute oder Gelegenheit zur Betätigung ihrer Mordluft gab oder 
der Druck der Regierung Taten verlangte. Der völlige Mangel an wirklicher 
Organisation und an Nachschub verbot neben dem russischen Winter weit¬ 
ausgreifende Unternehmungen. Die eigentliche Bolfchewiftengefahr lag vor 
allem in der engen Verbindung mit der revolutionär verseuchten Bevölke¬ 
rung und in dem planmäßigen oder zufälligen Zusammenspiel mit den 
spartakistischen Elementen in Deutschland. Die Hauptwaffe der Bolsche¬ 
wisten war denn auch die Propaganda. Versagte diese, so waren die Mög¬ 
lichkeiten des Bolschewismus gering. Vorläufig war aber die innere 
Schwäche des roten Kolosses noch nicht erkennbar und die Berechtigung der 
Befürchtungen sowie die Notwendigkeit der Abwehrmaßnahmen nicht zu 
bestreiten. 
Die teils schon damals, teils erst später bekannt gewordenen Anordnungen 
der roten Führung hatten nur geringe praktische Bedeutung, mögen aber 
immerhin an dieser Stelle erwähnt werden. 
In einem Befehl des Höchstkommandierenden der Armee Räte-Lettlands 
vom 14. Januar hatte die 2. lettische Schützen-Brigade den Auftrag er¬ 
halten, längs der Bahn von Tuckum auf Windau vorzugehen. Sie wurde 
jedoch — ohne diesen Auftrag zur Ausführung bringen zu können — zu¬ 
sammen mit der inzwischen in Riga eingetroffenen 3. lettischen Schützen-
	        
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