Volltext: Die politischen Kämpfe um den Frieden (1916 - 1918) und das Deutschtum

KühlmannS Friedensoffensive 
125 
Monate gültige deutsche Paß für Coppee vom 17. August und die Unter¬ 
redung Broquevilles mit Briand im Hotel Ritz in Paris am 3. September. 
Aus dem Vorschlag der Gräfin, daß Broqueville Bad Evian am Genfer 
See aufsuchen und von dort einen Abstecher nach dem Schweizer Ufer zur 
Begegnung mit Lancken machen solle, scheint ihre Einbildungskraft eine 
Verabredung gemacht zu haben. Ebenso scheint das an Lancken anfangs 
August nach Rügen gerichtete Telegramm der deutschen Gesandtschaft in 
Bern, er solle sich für Briand bereit halten, durch die übereifrigen belgischen 
Amateurdiplomaten veranlaßt worden zu sein. 
Bevor es Coppee gelang, zwischen Briand und Lancken Fühlung her¬ 
zustellen, war die Person des deutschen Diplomaten der französischen Re¬ 
gierung bereits verdächtigt. Am 17. Juli sprach der belgische Gesandte in 
Paris de Gaiffier d'Hestroy mit Jules Cambon über die Verleumdungen 
der königlichen Familie. In dem offensichtlichen Bestreben, Cambon von 
der belgischen Loyalität zu überzeugen, glaubte er ihm mitteilen zu müssen, 
was ihm der Brüsseler Bankier Francqui über ein Gespräch mit Lancken 
berichtet hatte. Danach hatte Lancken vor ungefähr zwei Monaten Francqui 
erklärt, daß Deutschland die Revolution zu Hilfe rufen müsse, weil es 
einen militärischen Endsieg nicht mehr erringen könne. In Rußland sei 
es ihm schon geglückt. In Frankreich hoffe es mit Hilfe der Sozialisten, 
der Anarchisten und von Bankleuten eine Art Sowjet ins Leben zu rufen, 
die Regierung zu stürzen und die Pazifiz isten anö Ruder zu bringen. Cambon 
kannte Lancken und hätte sich sagen müssen, daß dieser den angeblichen 
Plan der Bolschewisierung Frankreichs unmöglich dem Untertan einer feind¬ 
lichen Macht anvertrauen konnte. Obwohl es eigentlich überflüssig war, 
habe ich Freiherrn von der Lancken dennoch Cambons Aufzeichnung vor¬ 
gelegt und die erwartete Antwort erhalten, daß alles, was ihm in Cam¬ 
bons Aktennotiz in den Mund gelegt werde, „von Anfang bis Ende, 
Wort für Wort und Satz für Satz frei erfunden" sei. Seine Gespräche 
mit Francqui hätten „sich kaum je auf einen anderen Gegenstand bezogen 
als auf das amerikanische Ernährungswerk, dessen Beaufsichtigung Lan¬ 
cken oblag, während Francqui an der Spitze der belgischen Verteilungs¬ 
organisation stand". Cambons von Poincare geteilte Leichtgläubigkeit 
beweist lediglich, wie nervös man im Schoße der französischen Regierung 
durch die Heeresmeutereien geworden war. Weit entfernt, darin Er¬ 
müdungserscheinungen zu sehen, führte man sie auf kommunistische Um¬ 
triebe zurück. Am 19. August ließ Cambon durch Joseph Reinach im Figaro 
in einem seiner „Polybe"-Artikel das Gespräch Lanckens mit einem Belgier
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.