Volltext: Die politischen Kämpfe um den Frieden (1916 - 1918) und das Deutschtum

Siebentes Kapitel 
Kühlmanns Friedensoffensive. 
^ler Versuch des Nachfolgers Zimmermanns, mit Frankreich Fühlung 
zu gewinnen, hat eine belgische Vorgeschichte, in die wir erst 1934 durch 
Chatelle einen Einblick gewonnen haben, ohne daß es ihm selbst gelungen 
wäre, den Zusammenhang der Dinge zu enträtseln. Als Broqueville am 
i2. Oktober 1914 in seinem Briefe an den Kardinalstaatösekretär Papst 
Benedikt XV. als Helfer in der Not anrief, hatte er noch belgische Erde 
unter den Füßen. Einen Monat später war der Sitz der Regierung nach 
Saint-Adresse, die Residenz deö Königs nach La Panne, dicht an der fran¬ 
zösischen Grenze, verlegt, waren das Heer und die militärischen und poli¬ 
tischen Führer Belgiens entwurzelt. Das Risiko der Fortsetzung des Krieges 
nach Einsatz der deutschen U-Boot-Reserve ist daher wohl nirgends so stark 
empfunden worden, als im belgischen Hauptquartier. Auö der Schicksals¬ 
gemeinschaft mit den verbündeten Westmächten war eine Abhängigkeit ge¬ 
worden, die der deutsche Endsieg in eine deutsche Abhängigkeit zu ver¬ 
wandeln drohte. An einen Sonderfrieden mit Deutschland hätte kein bel¬ 
gischer Politiker auch nur von ferne denken können. Durchhalten an der 
Seite der Westmächte verstand sich von selbst, aber dieses Durchhalten 
konnte Belgien teuer zu stehen kommen, wenn die Zurückdrängung der 
deutschen Westfront es aufs neue zum Kriegsschauplätze machte. Zu dem 
Frieden, den König Albert und Broqueville für ihr Land wünschen mußten, 
gab eS nur zwei Wege. Der eine war die von Broqueville schon 1914 er¬ 
strebte Loslösung Österreich-Ungarns von Deutschland. Der andere wäre 
eine Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland gewesen, die zur 
friedlichen Räumung der besetzten Gebiete geführt hätte. AlS Wegweiser 
in beiden Richtungen offen hervorzutreten verbot jedoch die Erwägung, daß 
in dieser kritischen Lage zwischen Scylla und Charybdis das kleine Bel¬ 
gien sich hüten mußte, das Mißtrauen seiner großen Verbündeten zu wecken. 
Wie vorsichtig König Albert und sein politischer Berater auftreten mu߬ 
ten, sollten sie bald erfahren. Wegweiser zu einem Sonderfrieden mit 
Österreich-Ungarn, der die Festung des Vierbundes zur Kapitulation ge¬ 
zwungen hätte, wurde der Vetter der Königin Prinz SixtuS. So groß die 
innere Anteilnahme des Königspaares an der Bourbonischen Intrige war,
	        
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