der Wachsamkeit des Feindes nur als Wunder bezeich¬
nen kann: Die Tapferen des Hauptmanns Eymuth wer¬
den abgelöst und sowohl die „Infanterie-“ wie die
Spitzenstellung von Kompanien des 3. und 4. Kaiser¬
jägerregiments unter dem Kommando des Hauptmanns
Freiherm von Marenzi besetzt.
Aber die Italiener lassen nicht locker. Neue Massen
klettern die Hänge des Col di Lana hinan, eine
erdrückende Uebermacht staut sich in den Gräben vor
der so heldenmütig gehaltenen Stellung auf dem Co-
stone di Salisei. Unermüdlich treibt der Oberst Gari¬
baldi seine Leute vor. Damals flattert zum erstenmal.das
grausige Wort vom „Col di Sangue“, vom Blutberg auf,
das heute noch die Ueberlebenden aus diesem Ringen
gebrauchen, wenn sie sich des zertrichterten Kegels
erinnern.
Für den 28. Oktober fassen die italienischen Bat¬
terien alle Kraft zusammen. Vom Morgengrauen an
hagelt ihr Feuer in kaum mehr zu überbietender Wucht
auf den Rücken nieder, der die „Infanteriestellung“
trägt. Der Boden bebt andauernd unter den Einschlägen
der Granaten, Qualm steigt in dichten Massen auf, als
wäre dort ein Riesenbrand entzündet.
Im Schutz dieses Feuers greifen in den ersten Nach¬
mittagsstunden drei Bataillone an. Der Sturm geht so
rasch vor sich, daß sich die Italiener plötzlich im Be¬
sitze vollkommen leerer Gräben sehen. Schon glauben
sie ihre Anstrengungen nunmehr endgültig vom Erfolg
gekrönt, als die überraschten Verteidiger ihre einge¬
brochenen Deckungen verlassen und nun ihrerseits zum
Gegenstoß ansetzen. Mit der blanken Waffe in der Faust
treffen die Gegner aufeinander. Nach einem wütenden
Handgemenge ist die „Infanteriestellung“ wieder im Be¬
sitz der Kaiserjäger und der Feind hastet in seine Aus¬
gangsstellung zurück.
Dieser Erfolg konnte nur mehr mit schweren Blut¬
opfern erkauft werden. Hauptmann von Marenzi mel¬
det, daß fast alle seine Offiziere tot oder verwundet
sind und daß die Besatzung in wenigen Minuten über
hundert Mann verloren habe. Nach Einbruch der Dun¬
kelheit treffen daher Verstärkungen ein, so daß sich
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