Volltext: Alpenkrieg

Zusammenstoß 
l. 
Sieghafte Frühlingssonne liegt über den Lessinischen 
Alpen und das macht sie bezaubernd. Diese Berge und 
Kuppen zwischen Etsch und Brenta können sich sonst 
nicht mit den Wundern der Dolomiten, mit den him¬ 
melan ragenden Riesen des Ortler, des Adamello und 
der Presanella vergleichen. Selten nur hat sich ein schön¬ 
heitsdurstiger Wanderer hierher verirrt. Zu einsam ist 
es in den ärmlichen Hochtälern, deren Bewohner seit 
eh und je im Kampf gegen Hunger und Pelagra stehen. 
Rinder weiden sonst auf den Matten der Hochflächen 
von Folgaria und Lavarone, Schafe und Ziegen höher 
hinauf, tiefer hinein in die grenzenlose Wildnis des 
Col Santo, des Monte Maggio und Majo, des Monte 
Kempel und der Meletta. Jetzt sind auch diese An¬ 
zeichen friedlichen Lebens verschwunden. Keine Her¬ 
denglocke, kein Hirtenlied nach den seltsamen alten 
Weisen, die aus einer weit, weit zurückliegenden Er¬ 
innerung steigen, klingt auf. 
Die Menschen, die hier wohnen, sind nicht schön. 
Ein furchtbarer Lebenskampf hat sie zu kleinen, knochi¬ 
gen Wesen verkümmern lassen. Große, weltgeschichtliche 
Ereignisse, die waffenklirrend durch das Tal der Etsch 
und der Brenta zogen, haben sie hier an den Rand 
gespült: Kelten und Alemannen, italische Bauern und 
Soldaten, die vor den gewaltigen Germaneneinbrüdien 
in Oberitalien flüchteten. Und alle sie wurden nach und 
nach von der Armseligkeit dieser Landschaft zerbrochen. 
Die „Sieben Gemeinden", die „Dreizehn Gemein¬ 
den" zeugen heute noch vom alemannischen Kern der 
Bevölkerung. Bisele und Ghertele, Verle und Kempel, 
Gschwendt und Lusern — das sind germanische Namen. 
Vor wenigen Jahrzehnten noch hieß Asiago Schiegen; 
Lafraun und Vielgereut, Persen und das Val di Cembra, 
das Cimbemtal, weisen in ähnliche Richtung. Inmitten 
dieses latinisierten Völkergemisches gab es bis zum Welt¬ 
krieg sogar noch deutsche Sprachinseln wie das Dorf 
Lusern, mühsam gehalten durch das Geld des Deut- 
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