Volltext: Alpenkrieg

ihren Gräben herumlungern, herüberglotzen und sich wei¬ 
den an der Qual ihrer Todfeindei Haut ihnen ein paar 
Zuckerln aufs Dach, daß sie wissen, wie das tut! Laßt 
uns doch nicht allein in dieser schauerlichen Stunde! Mit 
der Munition sparen? Wozu denn sparen, wenn ohnedies 
alles aus und zu Ende ist? 
Vom Monte Forni alti herüber rollen die Abschüsse 
so rasch nacheinander, daß man glauben könnte, sie 
hätten dort tausend Geschütze eingebaut. Und Eisen 
kommt, Eisen . . . Das singt und zwitschert, heult und 
winselt in jagendem Durcheinander, und endet immer 
als ein Schlag vor den Kopf, als Flamme, Rauch und 
Trümmerregen. Fünf Minuten, und alles ist anders. Der 
Tod hat seine Kulissen umgestellt: Das Wellblech, auf 
dem eben noch drei Sandsäcke lasteten, liegt frei wie 
eine Schaukel, der Schießprügel ist am Kolbenhals ent¬ 
zweigeknickt, als hätte ihn jemand übers Knie gebro¬ 
chen, und die Dame mit den Himbeerlippen ist weg. 
Nur der Gefallene scheint an den Fels gewachsen zu 
sein; unverändert ragen die Beine unter dem Mantel 
hervor, ein Paar Wollstutzen über dünnen Waden, breite, 
genagelte Schuhsohlen . . . 
Und vom Monte Forni alti herüber trommeln pau¬ 
senlos die italienischen Batterien . . . 
10. 
Es ist immer gleich und immer neu — dieser An¬ 
blick und das Schaudern, das eiskalt und sengend zu¬ 
gleich über den Rücken läuft: Sie kommen! Sie gehen 
vor . . . sind schon ganz nah! 
Bis knapp an die Feuerwand gehen sie heran, ren¬ 
nen fast schon in den Rauchwolken ihrer eigenen Minen 
umher — als endlich das Poltern der Abschüsse aufhört, 
um nach kurzer Pause mit verdoppelter Wut und auf 
beiden Seiten von neuem loszubrüllen. 
Alarmschüsse gellen, Raketensignale zischen in den 
Himmel. Es ist 4 Uhr nachmittag, den 9. Oktober 1916. 
Der Feind greift an. Sieben Bataillone unternehmen den 
Todeslauf zwischen Pasubioplatte und Cosmagon, in 
Sturmwellen aufgelöst, die wie Meeresbrandung anrollen. 
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