Volltext: Alpenkrieg

Einige Tage später ist dieses friedfertige Bild von 
Gomagoi furchtbar verwandelt* Die Ortschaft liegt als 
ein Trümmerhaufen da — so geschehen, weil eine ur¬ 
alte Vorschrift das „Freilegen des Vorfeldes“ der Sperre 
Gomagoi befahl. Das Werk ist damit um keinen Faden 
kampftüchtiger geworden, aber die Sprengsdhüsse ver¬ 
künden der Bevölkerung des Suldentales, daß nun ein¬ 
getreten sei, wovor sie seit Monaten bangte: Kriegt — 
Droben auf dem Stilfserjoch löst dieses Wort ge¬ 
teilte Gefühle aus. Die Schweizer sitzen vor ihrem Hotel 
und harren des blutigen Schauspiels, das sich ihnen 
bieten soll. Die österreichischen Gendarmen und Finan¬ 
zer haben alle feindwärts gelegenen Fenster des Hotels 
Ferdinandshöhe mit Sandsäcken verschlichtet und war¬ 
ten gefaßt auf einen Vorstoß der Alpini, der nun selbst¬ 
verständlich kommen muß. 
Aber die Alpini zeigen gar keine Lust, ihren Boden 
zu verlassen. Sie sitzen auf dem 3091 Meter hohen 
Monte Scorluzzo und begnügen sich damit, das von 
den Oesterreichem besetzte Hotel unter Feuer zu hal¬ 
ten. Das besorgen sie geschickt und ausdauernd. Bald 
sind die Mauern mit Einschlägen übersät, hängen die 
Holzläden zerschossen in ihren Angeln. Manchmal kommt 
auch von dorther Antwort. Doch es hat wenig Sinn, 
gegen den 300 Meter höheren Gipfel zu feuern, denn 
der Feind ist hinter Sandsäcken und Felsblöcken gut 
verschanzt. 
So verstreicht eine Woche, beginnt die zweite. Lange 
kann dieser Zustand nicht dauern. Die Italiener müssen 
früher oder später auf den Einfall kommen, sich der 
Paßhöhe und damit des oberen Suldentales zu be¬ 
mächtigen. 
Da faßt der Stationskommandant von Trafoi, Kai¬ 
serjägerhauptmann Andreas Steiner, einen kühnen Ent¬ 
schluß: Der Scorluzzo muß genommen werden 1 Wer die¬ 
sen Berg in der Hand hat, beherrscht das Stilfserjoch. 
Ob es gelänge, die Italiener bei Gomagoi aufzuhalten, 
ist fraglich; daß sie Gomagoi nie erreichen, wenn der 
Scorluzzo fällt, kann als sicher gelten. 
Die Kräfte freilich, die man zu dieser Unterneh¬ 
mung einsetzen kann, sind gering: Ein paar Gendarmen, 
181
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.