Welt auseinandergezogen sind die Kompanien der
beiden ersten Truppenkörper des „Grenzabschnittes Köt-
schach", der an der Tiroler Grenze beginnt und auf dem
Hohen Trieb endet: das IX. Marschbataillon des Kärnt¬
ner Gebirgsschützenregimentes 1 und das steirische Land¬
sturmbataillon 10. Sie sind es vor allem, die den An¬
griffsgeist der Alpin! abzukühlen haben. Das Lahner-
jodi wird von den Italienern erstürmt. Ein Gegenstoß
der Kärntner Schützen entreißt es ihnen wieder. Die
Wolayer-Scharte geht verloren; aber unmittelbar nörd¬
lich des kleinen Wolayer-Sees klammern sich die stei¬
rischen Landstürmer fest und setzen auch hier dem Ein¬
dringen des Feindes ein rasches und teuer erkauftes Ziel.
Ganz bös ist mittlerweile die Lage im eigentlichen
Plöckengebiet geworden: Die Angreifer stehen auf der
Kammlinie östlich des Passes, auf dem Kleinen Pal,
vor dem Freikofel, auf dem Großen Pal, und sie haben
vor allem die Höhe besetzt, die das ganze Angerbachtal
beherrscht: den Promos. Als einziger Lichtblick kann
hier gelten, daß sich noch immer eine Kompanie stei¬
rischer Landstürmer auf dem Freikofel behauptet. Wenn
auch diese Insel der Verteidigung fällt, droht der Zu¬
sammenbruch.
Westwärts vom Plöckenpaß haben Alpin! den Cel-
lonkofel, die Kellerwand, den Collinkofel erstiegen, alles
Punkte, die von Süden her gangbar, von Norden aber
kaum einem tollkühnen Kletterer zugänglich sind. Und
tief unten im Valentintal, auf der Cellonalpe, der kleinen
Hochfläche beim Plöckenhaus und im Angerbachtal steht
der Verteidiger, von zahllosen Punkten aus eingesehen
und dem Feuer der italienischen Geschütze schutzlos
preisgegeben.
Das ungefähr ist die Lage, der sich General Fern¬
engel in den letzten Tagen des Mai 1915 gegenüber¬
sieht — eine Lage, die man nur als hoffnungslos be¬
zeichnen kann.
3.
Hüben und drüben weiß man, daß der Kampf um
den Karnischen Kamm sich überwiegend in dem nur
wenige Kilometer breiten Frontabschnitt beiderseits des
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