einen Fußbreit Boden verloren. Die Italiener vermochten
wohl einzelne Dörfer auf große Entfernungen in Trüm¬
mer zu schießen — mit der Waffe in der Hand haben
sie keines betreten.
2.
Die heikelste Stelle am Karnischen Kamm mußte
vom ersten Augenblick an der Plöckenpaß und seine
Umgebung sein. Wenige Kilometer Vormarsch führen
hier ins Gailtal, von wo aus man nach weiteren zwölf
Kilometern Marsch über den Gailbergsattel ins Drautal
und damit an eine der wichtigsten Bahnlinien der Süd-
westfront kommt.
An den Karnischen Kamm als den Wall, der unbe¬
dingt zu * halten wäre, denken nur wenige Soldaten,
vor allem natürlich jene, denen die Verteidigung Kärn¬
tens mehr ist als ein militärisches Problem. Niemand
weiß genau, wie stark der Feind ist, was er vorhat;
daß sein Verfahren aber nur im rücksichtslosen An¬
griff liegen kann, daß er nach Gorlice nicht lange
fackeln darf, will er nicht früher oder später das rus¬
sische Schicksal teilen — das ist jedermann klar. Der
Verstand diktiert: Zeit gewinnen! Zurück auf den Kamm
der Gailtaler Alpen! Das Herz schreit: Nein! Keinen
Fußbreit Landes preisgeben, denn es ist deutsches Land,
das hier auf dem Spiel steht!
Da trifft am Tag der Kriegserklärung ein Mann in
Mauthen ein, den lange Jahre soldatischen Dienstes
und eine große Liebe zu Land und Leuten mit Kärn¬
ten verbinden: General Femengel, der ehemalige Kom¬
mandant der „Khevenhüller", des Kärntner Infanterie¬
regimentes Nr. 7. Ihm ist der wichtigste Teil des Kami-
schen Kammes, der „Grenzabschnitt Kötschach", anver¬
traut; und er entscheidet sich für die Lösung des Her¬
zens: Widerstand in der ersten Linie, wenn nötig, sogar
Angriff und Rückgewinnung der verlorenen Grenzberge.
Am Morgen des nächsten Tages macht sich General
Femengel auf, um sich persönlich vom Stand der Dinge
auf dem Plöcken zu unterrichten.
Mittlerweile hat sich auf dem Kleinen Pal, dem
östlichen Torpfeiler des Passes, eine Grenzer-Tragi-
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