Volltext: Alpenkrieg

Nur Männer von höchstem Mut sind imstande, eine 
so verzweifelte Unternehmung zu wagen. Sie müssen 
darauf gefaßt sein, nach einem vollen Erfolg tagelang 
das Artilleriefeuer des Feindes über sich ergehen zu 
lassen, und das auf einer kahlen Hochfläche, die wenig 
Deckung bietet, auf der es keinen Rückzug gibt. 
Oberleutnant Bernhard macht sich erbötig, mit sei¬ 
nen Landesschützen den Ueberfall auszuführen. Eine 
Gruppe Standschützen der Bataillone Imst und Toblach 
meldet sich freiwillig, um dabei mitzuwirken. Von Nor¬ 
den, über den schon erwähnten Steig, und von Südosten 
her, soll die gewaltige, 2324 m hohe Felsenbühne gleich¬ 
zeitig erstiegen werden. 
In der Nacht vom 6. zum 7. Juni machen sich die 
beiden Gruppen auf den Weg. Schritt für Schritt geht 
es aufwärts, wohl auf gebahnten Pfaden, aber ständig 
unter der Gefahr, vom Feinde gehört und durch ab¬ 
gelassene Steinblöcke schon unterwegs erschlagen zu 
werden. 
Als das erste Morgengrauen einsetzt, erreicht die 
Südostgruppe mit Oberleutnant Bernhard an der Spitze 
den Felsrand. Tiefer Schnee liegt noch auf der Hoch¬ 
fläche, es ist kalt und neblig. Ob die Nordgruppe in 
ähnlicher Weise Glück hatte, wo die Italiener sind und 
wie das Unternehmen sich weiter entwickeln soll, weiß 
niemand. 
Dennoch vorwärts! Eine schüttere Schwarmlinie wird 
gebildet und noch einmal darauf hingewiesen, daß jedes 
Zögern unzweifelhaft zur Vernichtung aller führen muß. 
Schritt für Schritt geht es durch den Schnee. Der 
Nebel nimmt die Sicht, aber er trägt auch den Schall 
besser als trockene Luft. Weit und breit ist nichts zu 
hören . . . 
Um die gleiche Zeit versucht die Nordgruppe, den 
Plateaurand zu erreichen. Vorsichtig erklimmt sie Kehre 
um Kehre des steilen, vereisten Fußsteiges, ist schon 
fast oben. Da stürzt einer. Die Schaufei, die er mit¬ 
schleppt, klirrt auf den Boden, poltert die Wände hin¬ 
unter. 
Im nächsten Augenblick gellen von oben die Alarm¬ 
schüsse der italienischen Posten. Ein winziger Zufall 
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