Volltext: Ober-Oesterreich

Das 
oberösterreichische 
Landesmuseum 
Von Dr. Hermann Ubell 
Unter den im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts in der ehemaligen Monarchie gegründeten 
Museen sind zwei Typen vorherrschend: der ältere Typus, der fast ausschließlich der ersten Hälfte 
des Jahrhunderts angehört, ist ein Kind der deutschen Romantik, der jüngere Typus, dessen hervor¬ 
ragendster Vertreter das „Österreichische Museum" in Wien ist, geht auf das Vorbild des South- 
Kensington Museums in London zurück. Jener ältere Typus, dem außer dem oberösterreichischen 
Landesmuseum z. B. auch das „Joanneum" in Graz, das „Ferdinandeum" in Innsbruck und das 
„Carolino-Augusteum" in Salzburg angehören, entsprang dem leidenschaftlichen Antrieb zur Be¬ 
schäftigung mit den Kulturwerten der älteren deutschen Vergangenheit, der, von der „Romantischen 
Schule" ausgehend, unser gesamtes wissenschaftliches und künstlerisches Leben befruchtete, ja ganze 
Disziplinen, wie z. B. die Germanistik, recht eigentlich erst ins Leben gerufen hat. Es ist also jener 
ältere Museumstypus sozusagen ein Kind des Reichtums, einer üppig drängenden und fruchtbaren 
geistigen Bewegung; während der jüngere Typus des kunstgewerblichen Museums, dem unter anderen 
die Museen in Prag, Brünn, Reichenberg, Troppau usw. angehören, aus der immer deutlicher 
werdenden künstlerischen Verarmung und Verflachung hervorgegangen ist, die den ersten Jahrzehnten 
der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Signatur aufdrückten. Um jener Verarmung und 
Verflachung abzuhelfen, entstanden die genannten Museen, die bekanntlich zunächst als kunstgewerb¬ 
liche Vorbildersammlungen gedacht waren. Infolge dessen bevorzugten sie in ihren Auf Sammlungen 
jahrzehntelang jene künstlerischen Stilepochen, welche damals als ganz besonders musterhaft und 
beispielgebend galten, d. h. also natürlich zunächst die Renaissance. 
Im Laufe der Zeit ist der jüngere Museumstypus der kunstgewerblichen Vorbildersammlung 
allmählich seines Charakters entkleidet worden; je üblere Erfahrungen man mit dem Kopieren histo¬ 
rischer Stile machte und die Bedeutung der Museen nach dieser Richtung sich verringerte, desto 
entschlossener schwenkten nun auch die jüngeren Museen in das Fahrwasser des älteren „historischen4 
Museumstypus ein, indem sie nicht mehr darauf aus waren, „Vorbilder" zu sammeln, sondern das 
Ziel verfolgten, alle markanten Perioden unserer neueren Kulturgeschichte durch wesentliche Erzeug¬ 
nisse ihrer künstlerischen und kunstgewerblichen Betätigungen reichlich und charakteristisch zu illu¬ 
strieren, ganz ohne Rücksicht darauf, ob diese Erzeugnisse vor dem Forum des wandelbaren jewei¬ 
ligen Zeitgeschmacks den Anspruch auf „Vorbildlichkeit" erheben dürfen oder nicht. So nähern 
auch sie sich immer mehr dem Begriff des „kulturgeschichtlichen Bilderbuchs", in welchem Begriff 
das Wesen des älteren historischen Museumstypus von vornherein beschlossen war. 
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