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vorwärtsstrebte und erst jenseits der Posina bei Tageshelle geordnet werden konnte. Es 
war erklärlich, daß viele Leute dabei Orientierung und Einteilung verloren und auf einige 
Tage dem Regimenté verloren gingen. 
Gegen Mitternacht wurde die größte Stadt des Postnatales erreicht. Die Häuser an 
der Ostgrenze hatten wenig Schaden genommen, ein Chaos aber herrschte im Weichbilde, wo 
die Artillerie große Verheerung angerichtet hatte. Die Bevölkerung war am Vortage mit der 
Bahn nach Cogolo geflohen und die italienischen Nachhuten und Marodeure hatten hier schon 
furchtbar gewirtschaftet. Dem Kaffeehause mit seinen vollen und halbvollen Tassen auf den 
Tischen merkte man die Hast der Flucht an. Überall Spuren, daß niemand Zeit gefunden, 
etwas zusammenzuraffen. Dieser Bestürzung verdankten wir die vielen und wertvollen Nahrungs¬ 
mittel, welche den Truppen zugute kamen. 
Flüchtige Barrikaden sperrten die Gassen der Stadt. Sie konnten ihren Zweck nicht 
erfüllen. Um 5 Uhr früh hatten die letzten Kompagnien des Regiments die Posina bei der 
Papierfabrik Rosst (der größten italienischen) glücklich überschritten und die weitere Vorrückung 
angetreten, als eine überraschend 
feuernde feindliche Batterie große 
Verwirrung anrichtete. Die Bat¬ 
terie, einige kavernierte Geschütze 
bei Schiri, daher Schiribatterie 
genannt, schoß der vorgehenden 
Truppe direkt in den Rücken und 
fügte ihr beträchtliche Verluste zu. 
Die verfolgenden Wellen ließen sich 
jedoch nicht aufhalten und mit dem 
Eintritte der Dämmerung war man 
dem Feinde auf zirka 1000 Schritte 
auf den Leib gerückt. 
Dem Gegner zunächst lagen 
das 3., 4. und 5. Baon, ein hal¬ 
bes 2. war Regimentsreserve, die 
übrigen beiden Kompagnien blie¬ 
ben als Brigadereserve bei Maso, das 1. Baon als Divisionsreserve in Peralto. Der Angriffs¬ 
raum war taktisch ein verzweifelt ungünstiger. In der rechten Flanke die Felsabstürze der 
Priafora, vor der Front ein geschlossener, kanonengespickter Steinwall, die linke Flanke das 
schäumende Astico-Flußbett und die Steilhänge des Cengio. Der Feind im Halbkreise uns gewaltig 
überhöhend, war mit reichlicher kavernierter Artillerie versehen und wir — saßen buchstäblich 
im Loche. Anfänglich sanft ansteigend, bot der dem Regimenté zugewiesene Geländestreisen mit 
seinen Obst- und Weingärten Deckung. Nach Süden in die sogenannte grüne Wiese, welche 
acht bis zehn etagenförmig angelegte italienische Stützpunkte trug, übergehend, wurde das Terrain 
immer ungangbarer, um schließlich mit den Geröllhängen der den südlichen Horizont begrenzenden 
Bergkette abzuschließen. Zahllose feindliche Batterien, darunter die aus Kavernen feuernden 
Rohre des Soglio del Prospile und des unheimlichen Summano, erschwerten tagsüber jede 
Bewegung. Undurchdringliches, dorniges Gestrüpp wirkte wie ein ungeheures Drahthindernis 
und in den Rücken donnerte kurzpausig die kühne italienische Schiribatterie, deren Kanonen, 
in jäh abfallender Wand eingebaut, senkrecht unter den eigenen am Cengio standen — und lange 
nicht niedergekämpft werden konnten. Eine ganz merkwürdige Situation. 
Am 2. Juni, 3 Uhr früh, erhielt das Regiment den Befehl, vorzustoßen. Laut Dis¬ 
position blieb der linke Flügel der Division, der sich an die Mauer des Cengio lehnte, und ein 
Teil der anschließenden eigenen Gruppe, welche den gegenüberstehenden Feind nur zu binden hatte, 
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