Volltext: I R 14

offenherziges, jedem entgegenkommendes Wesen Sympathien zu erwerben, so bot doch erst die 
später östlich Luck einsetzende Stellungsperiode Gelegenheit, mit ihm in richtige Fühlung zu 
treten. Nur zu sehr erleichterte er dies. Schon damals war er ein ständiger Besucher der 
vordersten Schützengräben, bald da, bald dort um das Wohl und Wehe des einzelnen eifrigst 
besorgt, schon damals flogen ihm alle Herzen zu, nannten ihn alle Freund! 
Doch erst als das Regiment anfangs 1916 auf den südlichen Kriegsschauplatz verlegt 
wurde, in die Berge kam, da erst war Hämmerle — ein gebürtiger Vorarlberger — so recht 
in seinem Element, hier erst offenbarte sich uns sein ganzes edles Ich, jetzt lernte ihn jeder 
Hesse verehren, nun wurde er bald Ofsizier wie Mann unentbehrlich. 
Gleich vorzüglich als Priester und Mensch, blieb ihm die Gefahr in welcher Gestalt 
immer etwas völlig Fremdes. Immer nur heiß bestrebt, Gutes zu tun und jedem beizustehen, 
schien es im Gegenteil oft, als suche er sie mit Vorliebe auf. Wo Hilfe nottat, da war 
— keine Mühsale noch Entbehrungen scheuend — Hämmerle. Galt es aber Kranken Trost 
zu spenden, Verwundeten rasche Hilfe angedeihen zu lassen oder gar Sterbenden die letzten 
Stunden zu erleichtern, da kannte Hämmerle überhaupt 
keine Hindernisse. Wer sah ihn nicht im eisigsten Ge- 
birgswinter bei jeder Witterung durch metertiefen Schnee 
eilen, wer sah ihn nicht stundenlang, mühevoll Eissteige 
und unwirtliche Geröllpfade, oft unter heftiger feind¬ 
licher Einwirkung, zu den Zinken und Schroffen der 
exponiertesten Feldwachen erklimmen, wenn es galt, 
seines schweren Amtes zu walten? Welcher Zeuge der 
Lawinenkatastrophe beim Regimentshilfsplatz auf der 
Cima Pajle wird je vergessep, daß es zum Großteil 
seinem raschen, heroischen Handeln zu danken war, daß 
größeres Unglück verhütet wurde! Keine Gefahr achtend 
— als einer der ersten beim Rettungswerk — wurde 
er hiebei selbst von den Schneemassen mehrere hundert 
Meter zu Tal gerissen und entging nur verwundet wie 
durch ein Wunder dem fast sicheren Tode. Doch kaum 
wieder geheilt, litt es Hämmerle nicht mehr hinter der Front, schon war er wieder bei uns 
und erwarb kurz darauf durch seinen mehr als seltenen Wagemut die Gloriole einer wahren 
Heldengestalt und die nimmerendende, begeisterte Hochverehrung und Anhänglichkeit aller. 
Gelegentlich eines Sturmunternehmens am Mte. Majo war es, als mehrere verwundete Hessen 
zwischen der feindlichen und der eigenen Linie nicht mehr geborgen und hilflos liegen gelassen 
werden mußten. Der Gegner setzt mit stärkstem Vergeltungsfeuer ein und das Los dieser 
Braven scheint besiegelt. Da kommt unvermutet Hämmerle, holt einer plötzlichen Eingebung 
folgend eine Genferslagge und überschreitet — diese weithin sichtbar schwingend — aufrecht 
und furchtlos zum Staunen von Freund und Feind die eigene Linie. Das Unerwartete ge¬ 
schieht wirklich, das feindliche Feuer setzt aus und das Leben der schon aufgegebenen Kameraden 
kann gerettet werden. Hämmerle setzte aber durch diese Tat in des Wortes wahrster Bedeutung 
seinem Wirken die Krone auf. Vollstes Lob flog bewundernd von Mund zu Mund und trug 
seinen Ruf weit über die Grenzen des Regiments. Auch sichtbare Anerkennung wurde ihm als 
Lohn hiefür. Der schon wiederholt Dekorierte wurde mit dem Ritterkreuz des Franz-Josef- 
Ordens samt den Schwertern ausgezeichnet. 
Schier unzertrennlich mit dem Regiment traf es uns hart, als unserem Hämmerle, durch 
höhere Verfügung im Mai 1917, ein neuer Wirkungskreis bei einem Tiroler Kaiserjägerregiment 
zugewiesen wurde und nur schwer nahmen wir von ihm und er von uns Abschied. Die besten 
Wünsche begleiteten ihn. 
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