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machte die italienischen Häuser bald wohnlicher und der Mann konnte sich erholen. Freilich 
mit dem Brennmaterial ging es uns schlecht. Das Land ist ganz waldarm und die bescheidenen 
Holzvorräte des Zivils waren in der Zeit der Offensive verschwunden. Für die retablierenden 
Truppen blieb also nichts übrig als die saftgeschwellten Weiden. Ihr Ranch war unangenehm, 
ihre Wärme aber doch wohltuend. Leider war es uns auch im Raume von Belluno nicht 
möglich das Regiment zu baden und zu entlausen. Auch in Belluno waren diese Anstalten 
erst im Entstehen begriffen. Wohl war uns der erste Entlausungstag schon versprochen und 
nahegerückt, aber ehe er kam, zog das Regiment am 21. Dezember mit seinen Läusen in 
Stellung. Da zu einer Retablierung in gesundheitlicher Hinsicht eine gründliche Reinigung 
des Mannes unbedingt gehört, muß gesagt werden, daß unsere Retablierung von Lamon-Belluno 
den Zweck verfehlte. 
Es ging also zur schönen Weihnachtszeit auf den Col del Orso und am Osthang des 
Col della Beretta in Stellung. Das Wort „Stellung" galt aber nur in dem Sinne, daß das 
Regiment dorthin gestellt wurde, denn Stellung 
im militärischen Sinne war keine. Die dürftigen 
Sträucher ans den 1700 m hohen Bergen waren 
dem Manne Unterkunft, Deckung und Weihnachts- 
baum zugleich. Hptm. Hoffmann hat hiefür das 
treffende Wort „Laubhüttenfest" geprägt. Daß 
diese Stellung in intensiver Arbeit von Tag zu 
Tag besser wurde, daß aus de» Laubhütten 
langsam fast wirkliche Unterkünfte mit Ofen wur- 
den, ist ja klar. Aber bis es soweit kam, hatten wir 
den Großteil des Standes durch Erfrierungen 
und Erkältungskrankheiten verloren. Nie noch 
im Kriege hat die Kälte dem Regimenté derartige 
Verluste zugefügt. Zu verwundern ist dies nicht, 
denn in der Jänuerkälte im Hochgebirge Tag 
und Nacht verweilen zn müssen, oft stundenlang 
durch feindliche Beschießung zu vollkommener 
Unbeweglichkeit verurteilt zu sein, kann eben die 
widerstandsfähigste Natur bezwingen. Besonders 
disponierend für Erfrierungen war der Umstand, 
daß der Mann seine näßen Füße nicht losbrachte. 
Das Lederzeug des 4. Kriegsjahres war absolut 
nicht mehr wasserdicht. Der Schnee fraß sich 
durch die porösen Schuhe durch, die Fußlappen konnte der Mann nicht wechseln, da er ein 
zweites Paar nicht hatte. Wohl wurden die Baone, die besonders arg an Erfrierungen litten, 
nach neun Tagen herausgenommen und kamen zur Erholung für einige Tage nach Mugnai. 
Aber dort war es eher noch schlechter, denn das Tiefland von Feltre ist im Winter kälter als 
das Hochgebirge und Öfen gab es in Mugnai nicht. 
Die blutigen Verluste des Regiments waren in dieser Stellung sehr gering, obwohl 
der Feind oft stundenlang mit Minen und Granaten trommelte und die Leute fast völlig deckungs¬ 
los dem feindlichen Feuer ausgesetzt waren. Zu erklären ist dies lediglich damit, daß die Hessen 
eben ihr sprichwörtlich blindes Glück hatten. 
Auffallend war in dieser Zeit, in der das Regiment so schwer litt, die geringe 
Anzahl von infektiösen Darnikrankheiten. Vielleicht konnten diese jungfräulichen Berge als ganz 
unverseucht gelten, vielleicht aber ist dies doch den: Einfluß der stets mit der größten Gewissen¬ 
haftigkeit durchgeführten Impfungen zuzuschreiben. 
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