Volltext: I R 14

Mit einer bis ins kleinste gehenden Genauigkeit, wurde der gewaltige Schlag im 
Herbste 1917 gegen den ehemaligen Bundesbruder vorbereitet. Auf beschwerlichen Märschen, 
die zudem von bösestem Regenwetter begleitet waren, hatte das Regiment von Jdria in den 
Raum von Flitsch zu gelangen. Die Leute sahen auf diesen Märschen die großartigsten Vor- 
bereitungen und das half Unbilden der Witterung und Anstrengung leichter ertragen. Das 
Große, das in der Luft lag, ließ die ganz durchnäßten Leute nach einem 30 km langen Marsch 
frohe Heimatlieder singen. Diese gemütstiefen, oberösterreichischen Weisen hatten jenen Unterton, 
den zu hören für den Feind kein Vergnügen gewesen wäre. Diese gehobene Stimmung, in 
welche vor der Offensive alle unwillkürlich kamen, mag der Hauptgrund sein, daß in der Zeit 
des Aufmarsches zur Durchbruchsschlacht von Flitsch, trotz oft sehr ungünstiger sanitärer 
Verhältnisse, der Gesundheitszustand ein recht zufriedenstellender war. 
Die Herbstoffensive war dadurch charakterisiert, daß sie in einem Tempo vonstatten 
ging, dem nur die Infanterie und die leichte Artillerie folgen konnten. Die Nachschublinien rissen, 
was der Truppe gleichgültig sein konnte, da das Land 
Lebensmittel in Hülle und Fülle besaß. Die Nachschub¬ 
linien sind aber zugleich die Abschublinien des Sanitäts¬ 
dienstes und so gab es für den Hilfsplatz, der unbedingt 
der Truppe folgen mußte, keine Evakuierungsmöglichkeit. 
Der Umstand, daß die Divisionssanitätskolonne mit dem 
Eiltempo der siegreichen Infanterie nicht Schritt halten 
konnte, bereitete uns ernste Sorgen, denn man wollte 
doch die Verwundeten verläßlichen Händen übergeben. 
Wir haben in Stolvizza, Tolmezzo und Longarone 
Spitäler geschaffen, indem wir tüchtige Mediziner mit 
ein paar Blessiertenträgern zurückließen, die aus eigenem 
für die Wartung und Verpflegung der Verwundeten 
aufkommen mußten, bis eine Sanitätsanstalt kam. Auch 
gefangene italienische Ärzte taten hier gern Dienst, da 
ja der überwiegende Großteil unserer Patienten in dieser 
Offensive Italiener waren. Aber mit unseren Spitals¬ 
gründungen mußten wir aufhören, da wir nicht die 
nötige Anzahl von Medizinern hatten und nicht auf 
diese Weise unser geschultes Sanitätspersonal einbüßen 
wollten. Hie und da gelang es uns, unsere Verwundeten 
einer der ungemein rührigen und beweglichen Gebirgs- 
sanitätskolonnen zu übergeben, aber das war Zufallssache, da für unsere Division keine Gebirgs- 
kolonue systemisiert war. Wohl oder übel mußten wir denn doch zu dem Mittel greifen, daß 
wir unsere Verwundeten dem Bürgermeister (Sindaco) des Ortes, in dem wir gerade waren, 
mit dem Befehle übergaben, für Wartung und Verpflegung der Verwundeten zu sorgen, bis 
eine Sanitätsanstalt sie übernehme. Wir taten dies sehr ungern, da wir gegen die entschieden 
österreichfeindliche Bevölkerung starkes Mißtrauen hatten. Wir erfuhren später, daß dieses Mi߬ 
trauen nicht berechtigt war, sondern daß die Gemeinden recht gewissenhaft unsere Anordnungen 
befolgten. Gewiß nicht aus Liebe zu uns, sondern aus Angst vor unserer siegreichen Streit¬ 
macht. Wir sehen also, daß die Schnelligkeit dieses Vormarsches im Gebirgsgelände wieder einmal 
mit unseren ganzen Felderfahrungen aufräumte, da sie einfach hier nicht zu brauchen waren. 
Nur eigene Umsicht, eigener Entschluß und eigene Schöpfung konnten hier den Sanitätsdienst 
so gestalten, daß die Verwundeten auch tatsächlich einer Behandlung zugeführt wurden. Für die 
Versorgung unserer Hilfsplätze mit Verbandniaterial war das Reißen der Nachschublinien ganz 
belanglos, da uns der Feind in jedem Orte ein reiches Lager ganz erstklassigen Verbandmaterials 
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