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mußte fu weit gebracht werden, um selbsttätig die normale alpine Gefahr vorauszusehen. Über das 
hinaus war die Sicherung des Lebens der Truppen, höchste Aufgabe der Bergführerformationen. 
Die Anlage von versicherten Steigen, Kletterwegen, dort, wo ohne natürliche Hilfs¬ 
mittel nur höchste Technik sich Bahn brechen konnte, die Führung Nngeschulter, Bezeichnung 
lawinöser Stellen, die Warnung vor Lawinen usw., Hilfeleistung bei alpinen Unfällen, Ver¬ 
schüttungen, Lawinenstürzen, Blitzschlägen und anderem, das war die sichernde Aufgabe der 
Bergführer. Dort, wo die Stellungen in losen Nestern, an Zinnen und Rissen sich klammernd, 
ins Blaueis der Gletscher gegraben, in Schluchten versenkt und über Grate gespannt verliefen, 
standen sie wohl auch Schulter an Schulter zur treuen Wacht vereint, als geschlossenes Ganzes 
und trotzte» der janusköpsigen Gefahr, die, 
als Feinde im Angesicht, als Tücke der 
Natur im Rücken, sie doppelt umgarnte. 
Jahraus jahrein, in Eis und Schnee, 
windumtost, stnrmumschüttert, standen sie, 
dem Himmel näher als alle anderen, ein¬ 
sam — inselgleich. Aber erst durchkämpfen 
mußten sie sich zu ihrer Größe, zu ihrer 
Anerkennung. Im Anfang schalt man sie; 
ihr Mahnruf verhallte ungehört; manch 
ernstes Wort ward in den Wind geschlagen. 
Verdächtigt wurden Warner, Ahnende 
beargwöhnt. Und dann kam die Rache. Der 
furchtbare Tag der Rache der Elemente. 
Wißt ihr noch von den Tapferen des 
Dezember 1916? 
Der Schnee siel wochenlang. Wochen¬ 
lang stäubte die Luft von dem tollen Ge- 
wirre und Meter um Meter wuchs die 
schweigende, Weiche, lastende Flut. 
Stimmen wurden laut. Stimmen Be¬ 
rufener! Da senkte sich ein Hang, dort 
kroch die Lehne zu Tal, Hütten verschoben, 
Dächer beugten sich — manchmal in stillen 
Nächten rollte es ferne, unbestimmt und 
dumpf, als donnere die Erde in ihrem 
Innern. Und dann kam der Föhn! Er flog über Kämme mit glühenden Schwingen, stürzte 
in die Täler mit dampfendem Brodem; schwerer, warmer Regen troff aus seinem grauen Ge¬ 
fieder, troff und troff unaufhörlich und der Schnee trank und trank und trank — bis er satt 
und voll und schwer wie ein Trunkener ins Wanken kam und stürzte. Hört ihr ihn noch den 
Donner, den tausendfachen Donner der tausend Lawinen, die wälzend, brüllend und heulend 
zu Tale brachen, berstend, zermalmend, unaufhaltsam, wie furchtbare Schläge gigantischer Fäuste? 
Stunden des Schreckens, Stunden der Not, Stunden des Sterbens! 
Straßen verschwanden, Wälder fielen, Dörfer, Barackenstädte wurden begraben. 
Nun wußte nian es, nun glaubte man es, was man früher verlacht, beiseite geschoben: 
es gab Gefahren der Alpen. Und man räumte den Apinisten,' den Bergführern Rechte und 
Befugnisse ein. Die Lage der Baracken wurde geprüft, der Zug der Straßen verfolgt; War¬ 
nungstafeln berieten den unkundig Wandernden; Ubikationen wurden verlegt; Schutzbauten, 
Dämme, Sporne, Zähne aufgeführt; Straßen wurden zeitweise gesperrt, Wege überhaupt ver¬ 
boten, Patrouillen auf Ski und Schneeschuhen durchquerten das Gelände, Schwächliche und 
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