lehnten von den Kameraden abgesondert an der Mauer und schmauchten gemütlich ihre Pfeifen,
in regelmäßigen Abständen den qualmenden Tabakrauch durch die Lippen paffend. Unten am
Straßenende standen oder lagen die Welschen, Weiber, Greise, Kinder in schmierigen Kleidern
und genossen ebenfalls die ihren Ohren so fremd klingenden Weisen.
„Schurl, kumm', tanz'n mä, mach'n ma än Zwoaschritt!"
Und schon umhalsten sich die beiden lebenslustigen Bauernburschen, sprangen und
tanzten im Staube der Straße zum Marschtakt der Musik, strampelten, stolperten und stürzten
lachend zu Boden. Die Soldaten johlten und brüllten.
„Manna und Weibä! Kirchtag is heut, kummt's auf'n Tanzbod'n!"
Da unterbrach den schreienden und wie toll tanzenden Schurl eine scharfe, befehlende
Stimme: „Platz da! Platz für einen Kranken!"
Aus dem kalten, schwarzen Kasernentor, in der Nähe des Schloßparkes, traten vier
Männer mit einer Bahre. In langsam abgemessenen Schritten schleppten sie die bleiche Last dem
Krankenheime zu. Augenblicklich war alles Lachen und Kichern auf der Straße verstummt.
Die Lustigkeit im Garten stieg. Sologesänge, heitere Vorträge, Kichern und Lachen
schwoll in der nächtlichen Ruhe zum Lärm.
Lange schon waren die Straßen von der Mannschaft und den Welschen leer, aber noch
immer klang vorahnend genießende, unverbrauchte, wild aufschäumende Lebenslust vom Garten,
fast disharmonisch in die südliche wunderbare Nacht.
Volltönig sangen Stimmen aus weinrauhen Kehlen patriotische Lieder: „Mit Herz und
Hand fürs Vaterland!"
ff- *
ff-
Am Abend, den 26. Juli, wurde der unerwartete Abmarschbefehl verlautbart. „Auf!
Weiter in das Herz des Südens! Auf zum Kampf!"
Für mich war diese Überraschung unangenehm, nicht aus Angst vor dem Kommenden,
sondern weil ich Mezzolombardo beinahe liebgewonnen hatte. Der Mensch gewöhnt sich so
schnell an neue Verhältnisse, an die Fremde, notabene wenn sie so schön ist.
Und nun geht es wieder neuem Leben entgegen.
Nach einem glühend heißen Tage folgte die Erlösung, die erholende, friedliche Ruhe der
Nacht. Mit meinem neugewonnenen Freund Sepp Greinöcker lag ich an der Umfriedungsmauer
unseres Lagers und erzählte ihm ein Leben .... mein Leben aus vergangener Zeit. Über
uns flimmerten im tiefen Schwarzblau des Himmels die Sterne, um uns ragten die schwarzen
himmelhohen Berge.
Da wurde plötzlich am südlichen Horizont ein schauerlich schönes Schauspiel geboren.
Rot und gelb flammender, zitternder Schein zuckte, sprühenden Feuergarben gleich, im nächt¬
lichen Dunkel, störte den Frieden — die Ruhe!
„Schweres Geschützfeuer!" erklärte mir mein Freund, der schon einmal da draußen dem
Tod ins Antlitz gesehen.
„Der Italiener speit wieder Tod und Verderben in die Reihen der Unseren!"
Beim Anblicke dieses unaufhörlich aufblitzenden Trommelfeuers ergriff mich grausiges
Schaudern. Wie mochte es dort wohl aussehen, wo der unerbittliche Tod die Klassenunterschiede
der Menschheit aufhob, wo das gegenseitige Morden zum Beruf geworden? ... Ist es denn
dieses blutigen Menschenschlachtens noch immer nicht genug? ... Als Antwort blitzt es weiter
am Himmel .... schauerlich schön! Und wenn auch tausende schuldlose Opfer ihr Leben lassen
.... sie müssen sein . . . noch ist der Kampf nicht aus, noch ist der heißblütige, treulose
Freund für seine Extratour nicht gezüchtigt.
So wären auch wir dem Ziel nun endlich nahe, dort in jenem Feuergarbenschein liegt
unsere leuchtende Zukunft. Kameraden — haltet aus — wir kommen!
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