Volltext: I R 14

Bei einem Bahnwächterhaus wird Wasser genommen. Ein Teil der Mannschaft bezieht 
Sicherung gegen den Feind. Wir lesen Verwundete auf, betten jeden gedeckt hinter einem Bahn¬ 
damm, schützen alle mit Zeltblättern und Mänteln und laben sie. Ein kleines Feuer wird an¬ 
gezündet, das uns schnell die Konserven erwärmt, welche unsern größten Hunger stillen. In 
Zeltblätter gewickelt, herrscht bald Nachtruhe. Ein leises Wimmern der Verwundeten, sonst 
Stille ringsum. Der Mond ist aufgegangen und beglänzt die schlafenden Hessen. 
Die Sonne hat ihre Feuertaufe und ihren Sieg gesehen! 
Der geschilderte Kampf hat, östlich des Ortes Kamienobrod (nordöstlich Grodek), statt¬ 
gefunden. Nach Passierung des Ortes Kamienobrod entwickelte sich das Baon und folgte, mit 
Konipagnien in einem Gliede, die Kompagnien 100 Schritt hintereinander, als Reserve der vor 
uns kämpfenden Infanterie (I. R. 97). 
An Offiziersverlusten sind an diesem Tage zu verzeichnen: Lt. i. d. Res. Tragge, tot 
(Herzschuß während des Sturmes). Derselbe war schon während des Vorgehens im feindlichen 
Artilleriefeuer, durch einen Schrapnellschus; an der Hand, verwundet worden, machte aber trotz¬ 
dem den weiteren Angriff mit. Fähnr. i. d. Res. Grün, tot, Major Scazigino, sehr leicht ver¬ 
wundet, Oblt. Kral, verwundet, Lt. i. d. Res. Dr. Lenk, verwundet, Fähnr. i. d. Res. Schachinger, 
verwundet, Lt. i. d. Res. Herburger, verwundet, ich selbst verwundet, Schrapnellschuß am linken 
Oberschenkel, der mir jedoch gestattete, den Angriff bis zum Ende mitzumachen. Ich sammelte 
dann über Befehl des Jnterimsbaonskommandanten, Hptm. Heinrich Baron Saar, die Ver¬ 
wundeten mit der Mannschaft meiner Kompagnie und meldete um 1 Uhr nachts bei 
Hptm. Baron Saar mein Abgehen auf den Hilfsplatz, da die Folgen meiner Verwundung jede 
weitere Dienstleistung unmöglich machten. 
E. Erstürmung der ersten Stellung um Mte. Cimone, 
Kote 1030 in der Maioffensive 1916. 
Von Leutnant Emmerich Dicht!. 
25. Mai. Ein Tag war hinübecgegangen wie so manch anderer: mit Dienst, Erkun¬ 
digung, Beobachtung und wenigen Stunden Schlaf. Die Nacht brachte, außer dem vereinzelten 
Geplänkel, ganz wahnsinnige Feuerüberfälle der Italiener. Nicht, daß sie uns hiedurch besondere 
Verluste beibringen wollten; es war nur die Angst, die sie fürchten ließ, es könnte an dem 
Jahrestage, wo sie uns meuchlings in den Rücken sielen, überraschend blutige Vergeltung 
kommen. Und sie hätten auch richtig geahnt, wäre nicht unser Angriff am 24. Mai, durch einen 
wolkenbruchartigen Regen auf den nächsten Tag, verschoben worden. 
Wohl war es uns anfangs unangenehm, aber wie der Krieg oft zeigte, daß über¬ 
raschende Störungen, welche einen ganzen Plan umstoßen, später auch ihre Vorteile haben, so 
war es auch hier! 
Am 24. Mai vor dem Angriff lag der Monte Cimone dichtbewaldet vor uns. Wir 
wußten in Bezug auf die Stellung der Italiener nicht mehr, als in der Spezialkarte, (ein Erd¬ 
werk mit Geschützstellungen), eingezeichnet war. So gab es mit dem erwachenden Tage des 25. Mai 
nicht wenig freudige Überraschung, als wir auf einzelnen Bäumen, am Hange des Cimone, weiße 
Tücher sahen, zum Zeichen, daß es unseren nächtlichen Aufklärungspatrouillen gelungen war, 
durch Aufhängen von Schneemänteln die feindliche Stellung zu markieren, welch' ungefähr 
200 Schritte weiter oben als vermutet verlief. Obwohl diese Art von Aufklärung mehr der 
Artillerie diente, da wir über die bauliche Beschaffenheit der feindlichen Stellung doch nichts 
wußten, war doch jeder eifrigst bemüht, durch Abvisieren der beobachteten nächtlichen Feuerlinien 
vom Horizonte, dem Artilleriebeobachter so gut als möglich Einschußelemente zu geben. Eine 
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