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für immer verschlossen bleiben sollte, ein Berg, um den die Geschichte der Zukunft einen Kranz 
von Wahrheit und Legende flechten wird. 
Aus dem herrlichen Becken am Pomagognon (2441 m) führte die Straße bald über die 
letzte italienische Linie. Hier reihte sich Graben an Graben mit den jeder Stellung vorgelegten 
Hindernissen. Eine Verteidigungsstellung, an der Mannesmut zersplittern konnte. Der genialen 
Heeresführung gegenüber, welche diese Linie von rückwärts faßte, blieben die sechs hintereinander 
drohenden Anlagen, mit ihren hunderttausenden Metern Stacheldraht, freilich wertlos. Den sie 
fröhlich durchschreitenden Hessen aber zeigte dieses babylonische Befestigungssystem deutlich den 
Respekt, welchen Italien unseren mit der ganzen Welt ringenden Kriegern zollte. 
Die Straße bog durch das idyllische Schluderbach mit seinen Hotelruinen und dem 
berühmten Mte. Piano im Hintergründe, zog am Dürren-, später am Toblachersee vorbei nach 
Neu-Toblach, das nun, befreit von den Späheraugen der italienischen Beobachter, nicht mehr zu 
fürchten brauchte, die wenigen unbeschädigten Häuser der welschen Zerstörungswut zum Opfer 
fallen zu sehen. Am 6. Februar traf das Regiment nach einer fünftägigen fröhlichen, in herr¬ 
licher Sonne verlebten Wander¬ 
schaft in Toblach ein und wurde 
mit zwei Baonen in dem Ba¬ 
rackenlager ,,Naßwand", mit einem 
Baon in Alt-Toblach einquartiert. 
Nun erfuhr man erst, daß es 
durch besondere kaiserliche Gnade 
auf einige Zeit in die Reichshaupt- 
stadt verlegt werden sollte. Es 
war also doch wahr geworden, 
was niemand glauben wollte, und 
Freude erfüllte alle Gemüter, 
als die Züge aus der rauhen 
Kälte des Pustertales nach Nor¬ 
den dampften. 
Da lag Wien. Der Steffel, der Jahrhunderte vorüberziehen gesehen, schaute in die 
Neuzeit mit der alten, stozen Haltung und mit der gleichen Verwunderung, wie die Wiener 
selbst, auf das Sturmregiment, das helmbewehrt vom Matzleinsdorfer Bahnhof über den Gürtel 
nach dem Barackenlager Hernals zog. Alles ist in Wien schon dagewesen, Leibgarderegimenter, 
Husaren, Ulanen, Dragoner, Infanterie, Jäger, Artillerie, Genietruppen, Bosniaken und polnische 
Legionäre, aber hier hatte sogar Ben Akiba unrecht, denn Sturmtruppen, im Waffenschmucke 
ihres Berufes, die Stahlhaube auf dem Haupte, waren für die Kaiserstadt etwas noch nie Da¬ 
gewesenes, etwas Neues, eine Kriegsmerkwürdigkeit, die der Phantasie der Wiener alle Zügel 
schießen und sie lange raten ließ, bis sie endlich klar wurden, daß es keine gefangenen Italiener, 
keine Deutschen, sondern biedere Linzer Buam waren, die da nach Wien kamen, um in seiner 
sonnigen Gemütlichkeit von den Strapazen dreier Kriegsjahre Erholung zu finden und die 
schweren, blutigen Erinnerungen, soweit die Kciegsersparnisse reichten, von der Seele zu waschen. 
In Wien schied das 4. Baon aus dem Verbände des Regiments und bildete einen 
Bestandteil des neu aufgestellten Infanterieregiments 114, dafür aber wurde aus eingetroffenen 
Marschformationen das 3. Baon wieder aufgestellt und die Führung der Baone wie folgt 
geregelt: 1. Baon Hptm. Max Jaschke; 2. Baon Major Ottokar Podhajsky; 3. Baon Major 
Friedrich R. v. Hantken. 
Einige Tage später wurde das Regiment in das Barackenlager der Heinrich Collin-Gasse 
verlegt und hier begann eine Zeit nicht der Ruhe, sondern angestrengter Ausbildung. Von 
7 Uhr früh bis 5 Uhr nachmittags waren die Kompagnien im Lager selbst, im Wienerwalde 
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