Fonzaso folgen. Hier hatte die Rückzugsbewegnng der Italiener weniger auf die Bevölkerung
eingewirkt und so bot das bewohnte Städtchen, im angenehmen Gegensatze zu dem geplünderten
Belluno, ein freundliches Bild.
Die Provinz Belluno, durch welche der Marsch nunmehr ging, ist eine der reichsten
Oberitaliens. Wohlhabende Dörfer, gut bestellte Felder, von der bienenfleißigen Bevölkerung
leider verlassen, entzückten das Auge. Üppigster Obst- und Weinbau sowie Viehzucht sind die
Friedensquellen des Wohlstandes, aber auch die Textilindustrie ist hier stark vertreten, die Seiden¬
industrie bedeutend, Leder und Wachs haben eine große Ausfuhrziffer und Erze nebst Kupferkies
werden abgebaut.
Es mußte schon ein gewaltiger Hieb sein, der die italienische Parade, zum Schutze eines
so wohlhabenden Landstriches, durchhauen hatte.
Wie weit wollten die Italiener überhaupt noch laufen? Nach einigen Meldungen schanzten
sie bei Pederova, südlich Feltre, und in der Linie Tomba — Mte. Pallone—Grappa—Pertica.
Sie hatten also eine Widerstandszone gewählt, welche vom Piaveknie über hohe Bergspitzen
lief, die schon seit 1916 Befesti¬
gungen trugen und von Natur
ans das weitere Vordringen der
Verfolger erschweren mußten. Da
der äußerste nördliche Berg die¬
ses Gebirgsstockes, der Roncone,
gleichfalls noch besetzt war, bekam
die 43. Schützenbrigade und das
Detachement Tillich den Befehl,
diesen Berg zu nehmen. Das
1. Baon hatte als Nachrichten¬
detachement gegen den Mte. Per¬
tica vorzurücken und aufzuklären.
Zur Erfüllung dieser Aufgabe
wurde es mit Signalapparaten und
Telephonleitungen reichlich ver¬
sehen. Nach einer gerade absol¬
vierten Marschleistung von 35 km ohne Nachtruhe, war die Durchführung dieser Aufgabe, welche
einen Anstieg von mehr als 1000m voraussetzte, eine gewaltige, von unbegrenztem Vertrauen
zeugende Anforderung. Nichtsdestoweniger wurde die letzte Rippe des Berges erklommen und
dabei festgestellt, daß der Roncone vom Gegner stark besetzt, die eigene Linie aber zwischen
der 43. Schützenbrigade und Major Tillich einen klaffenden Spalt aufwies, der nun vom
1. 14er-Baon verstopft wurde. Starke Verluste bei der westlich kämpfenden Gruppe Tillich ver¬
anlaßten dessen Kommandanten, den Angriff erst bei Morgengrauen fortzusetzen. Inzwischen
wurde das 1. Baon wieder herausgezogen, stieg nach Giacon abwärts, wo es am nächsten Tage
an das Regiment, welches in Fonzaso genächtigt hatte, anschloß. Hier trafen endlich wieder die
Maschinengewehrkompagnien und der Train ein; der wunde Punkt während der bisherigen Opera¬
tionen, das Fehlen eines regelmäßigen Verpflegszuschubes, war nun überstanden.
Durch das enge Tal des Cismon führt eine prächtige Straße. Sie übersetzt bei Giacon
den Fluß mit einer 200 Schritte langen Brücke, von der nur noch einige Pfeiler standen. So
überstürzt der italienische Rückzug anfangs war, jetzt fing der Gegner an, alle Viadukte und
Brücken mit Erfolg zu sprengen. Doch was bedeutet bei dem heutigen Stande der Kriegstechnik
ein Loch von 100 m im Brückenbelage? Die vereinigten Pionierkompagnien stellten in der Nacht
einen Notsteg her und im grauenden Morgen zogen Kolonne auf Kolonne über den Fluß gegen
Cismon. Kaum wenige Kilometer über Arsiö hinaus, stockte der Marsch. Das 2. und 4. Baon
Der Mte. Grappa.
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