Volltext: Krieg und Kunst

Kunst auch innere Anschauung ist, so sehr hat doch bei allen großen 
Künstlern und in allen Hochzeiten der bildenden Kunst die schöpferische 
Phantasie eine Rolle gespielt. Da aber die Schlacht und der Krieg eine 
bis an die Grenzen der Wahrnehmbarkeit gesteigerte Wirklichkeit sind,, 
kommt die bildende Kunst hier schon mit der Anschauung allein nicht 
aus. Sie muß zusammenziehen, um auch das Tempo zum Ausdruck brin¬ 
gen zu können. Und sie muß sichtbar machen, was auf dem modernen 
Schachtfeld unsichtbar ist. Denn der Krieg ist ja nicht mehr der funkelnde 
Zusammenprall glänzender Reitergeschwader. Der Krieg ist das übdr weite 
Räume nach einem verborgenen oder getarnten Gegner greifende Blitzen 
der Explosivwaffen. Es ist unmöglich geworden, beide Gegner gleichzeitig, 
aufs Bild zu bannen, ja es macht schon Schwierigkeit, den einen Gegner, 
wenn die Waffen sprechen, also auf dem Höhepunkt des Kampfes, sicht¬ 
bar zu machen. 
Seit dem Weltkrieg hat sich das Bild übrigens schon gewandelt. Damals 
hatte sich der Krieg ganz in die Erde eingegraben. Jetzt braust er mit 
Panzern und Sturmgeschützen wieder übers Feld. Diese fahrenden Festun¬ 
gen sprechen zweifellos die Phantasie stark an. So haben denn auch Panzer 
und Sturmgeschütze als Thema im Bild die auffahrende bespannte Artillerie 
verdrängt, die im Weltkrieg noch ein bei den Künstlern und Photo¬ 
graphen besonders beliebtes Thema war. Sie war sozusagen noch ein etwa& 
verwandeltes Überbleibsel aus der Zeit der Reitergeschwader. Die Romantik 
dieser Themen ist verblaßt, auch ihre Dramatik ist dahin. Im Weltkrieg 
war die Artillerie noch der Sturmbock. Sie war daher der Höhepunkt der 
kriegerischen Dynamik. Jetzt sind Panzer und Sturmgeschütze der Sturm¬ 
bock und daher auch neben der Luftwaffe wichtigste Träger der Dynamik. 
* Die künstlerische Phantasie wendet sich nicht nur den eigenartigsten und 
auffälligsten Erscheinungen des Schlachtfeldes zu, sondern auch den neuen 
Sinnbildern des Krieges. Die Künstler können sich heute ganz der Auf¬ 
gabe widmen, solche Sinnbilder zu schaffen. Denn das Photo spiegelt 
jetzt die Wirklichkeit. Die eigentliche Kriegsmalerei hat aber schon immer 
das Sinnbild und Gleichnis gesucht. 
Ist das nun schon während der Ereignisse zu schaffen? 
Hans Holbein hat einmal eine Landsknechtschlacht dargestellt. Hier 
ist gleich davon abgesehen worden, eine bestimmte geschichtliche Stunde 
darzustellen. Der Künstler hat vielmehr einen geschichtlichen Typus als; 
bewegtes dramatisches Leben geschaffen. Auch hier hat die künstlerische 
Phantasie eine überzeugende Wirklichkeit hingestellt. 
Die heutigen Künstler haben es freilich schwerer. Sie treffen auf eine 
sehr ausgeprägte Vorstellung der kriegerischen Wirklichkeit. Sie müssen,, 
um sich überhaupt in dieser Fülle von Bildern dieser anschaulichen Wirk- 
22
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.