Volltext: Krieg und Kunst

für dieses Bild einen Rückfall in die von ihnen längst überwundenen ver- 
dammenswerten Urinstinkte. So weit klafften damals die Herzen der 
deutschen Jugend auseinander. Das ganze deutsche Volk war aber in 
jenen Jahren so aufgespalten. Geist und Tat der deutschen Frontsoldaten 
wurden von Pazifisten zu hysterischer Greuelpropaganda mißbraucht. Dix 
und Groß mit ihren grellen, brüllenden Kriegsdarstellungen wurden als 
berufene Kriegsschilderer ausgerufen. Die harten Soldatenköpfe Ferdinand 
Spiegels, in denen sich der Schicksalsweg, der Tatwille und die im Auf¬ 
bruch befindliche Volkskraft so sinnfällig ausdrückten, waren völlig ver¬ 
gessen. Statt dessen stierten den deutschen Menschen verzerrte und 
vertierte Gesichter an, in denen nichts vom Sinn des Krieges und nichts 
von dem soldatischen Wesen des deutschen Menschen geschrieben stand. 
Wie ist es möglich, fragte man sich angesichts dieser Bilder, daß ein Heer 
aus solchen Soldaten vier Jahre lang den Heeren fast der ganzen Welt 
standhalten konnte und sie in unzähligen Schlachten auf zahllosen 
Schlachtfeldern besiegte? 
Vor den Köpfen von Spiegel oder vor den Bildern von Dettmann, Eich¬ 
horst, Engelhardt-Kyffhäuser, Poosch, Dachauer und anderen wußte man 
es sofort. Hier war nicht nur die Dynamik des Krieges, sondern auch die 
Kraft der Männer gestaltet, die ihn bestanden. Hier erlebte das deutsche 
Volk sein Schicksal und seine Leistung in der Reinheit und Größe wieder, 
mit der es in diesen Krieg gegangen war. Als der Nationalsozialismus das 
zerrissene und seiner selbst nicht mehr gewisse deutsche Volk wieder zu 
seinem echten Wesen und zu seinem geschichtlichen Schicksal zurück¬ 
führte, da traten auch die echten Kriegsbilder wieder in den Gesichts¬ 
kreis unseres Volkes, da erlebten wir zahlreiche Ausstellungen von Kriegs¬ 
malern, da begegnete das deutsche Volk in diesen Bildern wieder sich 
selbst. Es wußte nach fünfzehn Jahren der Ohnmacht wieder, was es 
einmal geleistet hatte und wessen es fähig war. Es hat dann die Kriegs¬ 
bilder nicht mehr aus seinem Gedächtnis verloren. Und wenn es heute 
von denselben Mächten wie 1914, die ihm heute wie damals eine kraft¬ 
volle Entfaltung in seinem eigenen Haus und Raum nicht gönnen, zu 
einem neuen Schicksalsgang gezwungen worden ist, so wird die junge 
Mannschaft, die heute vor dem Feind steht, in diesen Kriegsbildern schon 
eine zum deutschen Mythus gewordene Wirklichkeit erleben. Der Mythus 
ist ein unzerstörbarer Teil der Seele eines Volkes. Wie die Nibelungen¬ 
sage, ist auch die Sage vom Weltkrieg ewiges deutsches Heldentum. 
Die Kunst schafft dem Mythus die Sinnbilder und Gleichnisse. In den 
Soldatenköpfen von Ferdinand Spiegel erkennt man nicht nur das Gesicht 
der deutschen Volksstämme, sondern auch das Gesicht der deutschen 
Volkssoldaten, die diesen Krieg bestanden, ihre unbändige Kraft und ihre
	        
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