Volltext: Unsere Volkssagen und ihre Bedeutung für die Heimatkunde

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Berechtigung als glaubwürdig bezeichnen dürfte oder „ge 
schichtlich" in des Wortes herkömmlicher Bedeutung. Ueber 
die Glaubwürdigkeit alter Urkunden und Chroniken sprach 
ich schon an einer anderen Stelle. 
Naturgottheilen und Elementargeister in der Sage. 
(Mythisch oder legendär.) 
Eine mächtige Reihe urältester Volkssagen reicht in 
ihren Grundzügen weit hinter die germanische Vorzeit 
zurück, in die Tage ursprünglichster Glaubensanschauung. 
Da walten alle Elemente: die Luft mit ihren dräuenden 
Gewittern, verheerenden Stürmen, niederprasselnden Hagel 
schauern einerseits, ihren fruchtbringenden Regengüssen und 
allbedeckenden Schneeflocken anderseits, das Wasser mit 
seiner brausenden Gewalt im dahineilenden Flusse, seiner 
unheimlichen Tiefe im stillen See, seinen schleichenden Ne 
beln über düsteren Mooren, den verlockenden Irrlichtern 
an tückischen Sümpfen, auch das gefräßig lodernde F e u e r, 
und endlich die E r d e selbst mit ihren wolkenragenden 
Bergen, den schaurigen Schluchten und finsteren Höhlen, 
ihren undurchdringlichen Wäldern, beseelt von übernatür 
lichen Geistern — Dämonen —, vor denen als unbekannten, 
unbegreiflichen, gewaltigen Wesen, daher höchst gefährlichen 
Mächten, die Menschen in scheuer Ehrfurcht erzitterten, sie 
als allbeherrschende Gottheiten, als Erschaffer und Schick 
salslenker anbeteten und verehrten, umso mehr, als sie der 
Gewalt dieser Naturgeister hilflos unterworfen waren, keine 
andere Möglichkeit mehr kannten, sie unschädlich zu machen, 
ihrem gefährlichen Wirken zu entrinnen. Dieser ursprüng 
liche Dämonenglaube, der gewiß mehr einer bangen Furcht, 
einem Gefühl erbärmlicher Ohnmacht entsprang, als einer 
herzlichen Zuneigung und inneren Liebe, dies bezeugen deut 
lich die furchtbaren Blutopfer, die man diesen Götzen dar 
brachte, um sie gnädig zu stimmen — war wohl weitver 
breitete Religionsanschauung bei Naturvölkern. Dieses dem 
Menschen angeborene Gefühl der Schwäche und Hilflosig 
keit, das Bewußtsein der Unzulänglichkeit und Hinfällig 
keit des Daseins auf der Erde, mußte ja naturnotwendig 
die Annahme wachrufen, daß es ein mächtigeres und voll 
kommeneres Wesen gäbe, dem diese menschlichen Schwä 
chen fehlten. 
Eine Herabwürdigung dieser Vorstellungen bedeutete 
die Volksmeinung, daß diese Wesen nun für alles her 
halten mußten, wenn's schlecht ging und man sich selbst 
nimmer zu helfen wußte, während man in guten Zeiten
	        
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