Volltext: Das Bild als Waffe

soll, die „im August 1914 Tausende von Leichen der bei Charleroi Ge¬ 
fallenen nach Deutschland zurückbringen sollten“. Auf dem Bild sieht 
man nur einen Teil des Wagens, aus dessen Fugen das Blut hervorquillt. 
Mit dieser gewollten Beschränkung erzielt Raemaekers eine weit höhere 
Wirkung als z. B. der Italiener G. Buffa, der in seiner Gestaltung des¬ 
selben Motivs einen ganzen Eisenbahnzug zeigt 243. 
Raemaekers’ Alben wurden in riesigen Auflagen und in den verschie¬ 
densten Sprachen beschriftet über die Welt verbreitet. “Wereld-wee” 
stand unter dem Motto: „Jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist 
der Mensch in seinem Wahn!“ 244 Eine weitverbreitete Sammlung war 
„Het toppunt der beschaving“ (Der Gipfel der Zivilisation), die in Liefe¬ 
rungen zu je dreizehn Lithographien erschien 245. Eine von E. Giran ge¬ 
schriebene Darstellung der Kriegsursachen wurde mit Zeichnungen des 
holländischen Künstlers illustriert. 
Das Urteil zeitgenössischer Kritiker über den gefeierten Künstler 
— soweit sie ideenmäßig mit ihm übereinstimmten — ist eindeutig. Grand- 
Carteret sagte von ihm, daß er allein ein Regiment wert sei 246, der 
schweizerische Karikaturist F. Chatilion zeichnete ihn mit den erbeuteten 
Köpfen des Kaisers und des Kronprinzen. Auf einer Zeichnung A. Bar- 
reres im FANTASIO schlägt Raemaekers dem Kaiser mit seinem Zeichen¬ 
stift den ^ Schädel ein 247. Sogar Clemenceau widmete ihm im HOMME 
ENCHAINE einen bewundernden Artikel 248. 
Die deutsche Kritik hat, soweit sie sich nicht in reiner Polemik er¬ 
schöpfte, das Verdienst Raemaekers5 um die Sache der Entente anerkannt. 
Maximilian Flarden stellte ihm das Zeugnis aus, daß er durch seinen 
Zeichenstift Deutschland mehr geschadet habe als zehn Siege der Alliierten. 
Zusammenfassend dürfen wir heute feststellen, daß Raemaekers einer 
der stärksten Aktivposten in der Entente- und damit auch in der franzö¬ 
sischen Bildpropaganda gewesen ist. Der Umstand, daß er seine politische 
Meinung als Bürger eines neutralen Staates aussprach, verlieh ihr in 
den Ländern des Feindbundes und bei den übrigen neutralen Völkern 
doppeltes Gewicht. Die englischen und französischen Stellen, die sich 
amtlich, halbamtlich oder privat mit der antideutschen Propaganda be¬ 
schäftigten, konnten keinen glücklicheren Griff tun, als seine Arbeit mora¬ 
lisch und materiell in stärkstem Maß zu fördern. Der Erfolg hat die Mühe 
gelohnt! 
Kein anderer ausländischer Meister der Bildsatire hatte auch nur an¬ 
nähernd die Popularität eines Raemaekers aufzuweisen. Nennenswert 
sind immerhin der Italiener G i r i s, die Schweizer Edmond Bille 
und Pierre Chatillon, der vom MATIN häufig zitierte Argen¬ 
tinier F a b e r mit seinen hervorragenden Bildniskarikaturen, der Kata¬ 
lane P i c a r o 1 von der CAMP ANA DE GRACIA in Barcelona und sein 
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