Volltext: Das Bild als Waffe

es im Frühjahr und Sommer 1916 in Tausenden von Exemplaren über der 
deutschen Front niederregnen 23. 
Ein weiteres Flugblatt an die „Kameraden von der Kronprinzen¬ 
armee“ brachte unter dem Titel „Immer feste druff!“ eine Karikatur 
Hansis, die den Kronprinzen auf einem Haufen von Totenschädeln 
darstellt. Der Text des Blattes 24 bezieht sich ausdrücklich auf das Bild: 
„... Mit seinem jugendlichen Draufgängertum, seiner Toll¬ 
kühnheit und seinem persönlichen Mute ist er bekanntlich immer 
der ersten einer, wo es gilt, Not und Gefahr mit dem Kleinen zu 
teilen. (Wenn ihr es zwar selbst noch nicht gesehen habt, so hat 
man es euch wenigstens immer erzählt.) Man sieht es schon an dem 
schönen Bild hier oben, wie er dasteht mit seinen unten engen, oben 
weiten, genial geschwungenen Hosen, mit seiner Heldenbrust, auf 
der die zahlreichen Orden, die er bekanntlich durch seine persön¬ 
liche Tapferkeit verdient hat, kaum Platz finden können, mit sei¬ 
nem energischen Gesichte, mit seiner himmelhohen, schiefsitzenden, 
totenkopfgeschmückten Mütze gekrönt. Ihr braucht ihn nur an¬ 
zuschauen, um zu wissen, wes Geistes Kind er ist .. 
Ein revolutionäres Hetzblatt aus dem Jahre 1918 stellt eine Photo¬ 
graphie des Kaisers mit seinen Generälen im Hauptquartier einer 
Zeichnung gegenüber, die den einfachen Soldaten im Schützengraben unter 
dem Krepieren der Granaten zeigt25. Beischrift: „Wie der Krieg aus- 
schaut: Gemütlich ist’s im Hauptquartier, in Fetzen fliegt der Grenadier.“ 
Um die französische Bevölkerung der besetzten Gebiete zu erfassen, 
stellte der «Service de la propagande aerienne» verschiedentlich täu¬ 
schende Nachahmungen der vom deutschen Generalstab in 
Charleville herausgegebenen GAZETTE DES ARDENNES her. 
Wie Hansi berichtet, sollen vor allem zwei Illustrationen den Zorn 
der Deutschen herausgefordert haben 26. Die eine von ihnen ist die Repro¬ 
duktion eines in der echten GAZETTE veröffentlichten Lichtbildes eines 
deutschen Soldaten, der das Kind seiner französischen Wirtsleute auf den 
Knien hält und ihm zu essen gibt. Daneben sieht man ein am 22. Juni 
1915 im ECHO DE PARIS erschienenes Hetzbild Abel Faivres, das die 
Methoden der deutschen Propaganda charakterisieren soll: Ein Photograph 
hält die geschilderte rührende Szene auf der Platte fest, während der 
deutsche Soldat brutal lächelnd dazu bemerkt: „Man sollte nicht meinen, 
daß ich die Mutter getötet habe.“ In ihrer Erläuterung schreibt die nach¬ 
geahmte GAZETTE DES ARDENNES zu der Gegenüberstellung: „Ist 
es nicht ärgerlich, daß ein französischer Künstler dieses menschenfreund¬ 
liche Dokument in Mißkredit gebracht hat, indem er fast sechs Mo¬ 
nate vorher die nebenstehende Zeichnung veröffentlichte?“ 
Schulte Strathaus 2 
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