Volltext: Das Bild als Waffe

Solcher mehr oder weniger harmloser Spottbilder gab es Hunderte. 
Je mehr die einzelnen Blätter nach links tendierten, desto schärfer wurde 
ihre Satire. Die politische Zensur war als amtliche Einrichtung nicht 
eigentlich ein Streitobjekt der Parteien — kein Künstler-Journalist würde 
sich je zu ihrer Verteidigung bereitgefunden haben — und in der Presse bei 
niemand beliebt, obgleich man auf der Rechten für ihre Notwendigkeit 
mehr Verständnis aufbrachte. Wenn wir den von ihr wachgerufenen sati¬ 
risch-publizistischen Widerstand als dem Enderfolg der Bildpropaganda 
abträglich bezeichnen, so deshalb, weil er von größeren Zielen ablenkte. 
Die pazifistische Agitation gegen den Kriegswillen der Gegenpartei 
wurde indessen tatkräftig erwidert. 
So spottete Hermann-Paul einmal über die unbelehrbaren Pazi¬ 
fisten, die einen Deutschen selbst dann noch wegen seiner Magerkeit 
bedauern, wenn sie von ihm erschossen werden 334. Ein andermal be¬ 
schwört er gar die Daumierschen Karikaturentypen Bertrand und Robert- 
Macaire, um zu zeigen, wie der pazifistische Agitator Bertrand vor einem 
französischen Soldaten den Ölzweig schwenkt, während ihm Robert- 
Macaire als deutscher Offizier die Patronentasche leert 335. Überhaupt 
ist in der zweiten Hälfte des Jahres 1917 ein starkes Anschwellen der 
antidefaitistischen und antipazifistrschen Propaganda auch im Bild zu 
bemerken. 
Die französischen Sozialisten als ihre uneingestandenen Freunde 
erhielten bei dieser Gelegenheit manchen Hieb. Eine ihrer Entschlie¬ 
ßungen, die von Frankreich den Verzicht auf die Rückgewinnung der 
„verlorenen Provinzen“ forderte, wurde nach Forain von den Deutschen 
als willkommenes Propagandamittel in Elsaß-Lothringen auf gegriffen: 
«On n’est guere chaud pour vous dans le ,Partic.» 336 
Bildwerke dieser Art greifen bereits wieder, weil offensichtlich vom 
Gesamtwohl der Nation diktiert, in den großen Kreis der von einem ein¬ 
heitlichen Zielwillen geleiteten Propaganda über, in den wir damit nach 
Betrachtung der aus diesem Rahmen herausfallenden Gruppe zurück¬ 
kehren. 
Anschließend an die hiermit gegebene kurze Darstellung der Grund¬ 
gesetze jeder Bildpropaganda und die ausführlichere ihrer besonderen 
Gegebenheiten, ihrer Träger, Schöpfer und Inhalte, als sie während des 
Weltkriegs in den Dienst Frankreichs gestellt wurde, soll nun versucht 
werden, den Nachweis tatsächlich erfolgter Wirkung 
zu führen, ihr Ausmaß festzustellen und die Mittel, mit denen 
dieser Wirkung Vorschub geleistet wurde, nochmals zusammenfassend zu 
gruppieren. In engstem Zusammenhang mit der Frage nach der Wirkung 
der Bildpropaganda steht die Wertung ihrer Methoden, die den Ab¬ 
schluß dieser Schrift bilden wird. 
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