Volltext: Das Bild als Waffe

politischen statt volkspolitischen Kampfstellung als abträglich für 
die Gesamtwirkung der Bildpropaganda. Wie jede 
Waffe, die nicht mehr gegen den gemeinsamen" Feind, sondern gegen den 
Bruder gerichtet ist, stiftet es Verwirrung in den eigenen Reihen an. Ent¬ 
scheidend für den Enderfolg ist, ob die publizistischen Querschießer oder 
die für das Wohl aller Kämpfenden die Oberhand bekommen. Dem 
Deutschen drängen sich trübe Erinnerungen an eigene Erfahrungen auf . . . 
a) Gesamtwirkungsfördernd. 
Wir sagten, daß ein Teil der innerpolitischen Bildagitation sich för¬ 
dernd, weil volkspolitisch ausgerichtet, in den Kreis der nationalen Pro¬ 
paganda einfügte und meinen damit jene Zeichnungen, die nach Art des 
Forainschen «Pourvu qu’ils tiennent» (vgl. Abb. 4) ganz allgemein die 
Schwächen des Bürgertums mit leiser Satire bespötteln, um 
durch das Aufzeigen der Fehler ihre Ausmerzung zu beschleunigen. Häufig 
wurde wie auf dem Blatt Forains den egoistischen Nöten des «Civil» 
(Beischrift) der Heroismus der Frontkämpfer (Bild) gegenübergestellt, so 
daß die oben erwähnte Überschneidung agressiver und defensiver Pro¬ 
pagandatendenzen gegeben ist. Eine ähnliche Szene schildert Roubille in 
einer Zeichnung: Ein französischer Soldat auf Urlaub hat eine deutsche 
Pickelhaube als Kriegstrophäe mitgebracht und zeigt sie Neugierigen auf 
der Straße. Einer der wackeren Bourgeois will sie ihm abkaufen, erhält 
aber eine derbe Abfuhr mit den Worten: „Zu verkaufen ist der Helm 
nicht, aber ich kann Ihnen die Anschrift des Kaufhauses geben.“ 314 
Weiterhin spottete man über jene allzu gewissenhaften Bürger, die in 
übertriebener Anwendung des amtlichen Propagandaspruchs: «Taisez- 
vous! Mefiez-vous! Des oreilles ennemies vous ecoutent!» zur Erschwerung 
der Spionage sich nur noch in der Fingersprache zu unterhalten wagen. 
Auf gewisse Gruppen von «Civils» hatten die satirischen Zeichner 
ihr besonderes Augenmerk geworfen. Da sind zunächst die Pessi¬ 
misten, die, nach Hermann-Paul315, Hungersnot und Pest befürchten, 
weil es ihnen ein „gut unterrichteter neutraler Herr“, der sich durch sein 
zustimmendes «Ya» als verkappter Deutscher entpuppt, versichert hat. 
Eine wahre satirische Treibjagd veranstalteten die Karikaturisten auf die 
Drückeberger («Embusques»), die in den Büros der Hauptstadt oder 
auf „unabkömmlichen“ Posten der Etappe ein nur von der Angst vor dem 
Entdecktwerden getrübtes Dasein führen. Auf einer Zeichnung Henry 
Fourniers trifft ein Freund einen solchen uniformierten Herrn in Damen¬ 
gesellschaft am reichgedeckten Tisch: «Je te croyais tue et je te retrouve 
en chair et en noce!» 316 
Während die Heimstrategen mit gutmütigem Spott bedacht 
wurden, ging man mit den Kriegsgewinnlern schärfer ins Ge- 
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