Volltext: Das Bild als Waffe

denn auch auf dem Gebiet der Propaganda wurde der Krieg nach 
dem Kriege mit neuen Methoden fortgesetzt. Zudem saßen die in 
tausendfacher Wiederholung eingehämmerten Vorstellungen vom Unter¬ 
menschentum der Deutschen in den Köpfen der Menschen zu fest, als daß 
man sie mit einem Schlage hätte beseitigen können. Es ist nicht unsere 
Aufgabe zu untersuchen, inwieweit die eingerosteten Zwangsvorstellungen 
aus der Greuelagitation des Weltkriegs die sich bildende Atmosphäre des 
deutsch-französischen Vertrauens in den Nachkriegsjahren zu stören ver¬ 
mochten. Das Wiederaufleben der Lügenpropaganda 
zur Zeit der nationalsozialistischen Revolution in 
Deutschland hat mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt, wie tief sich das 
Gift in die Seelen der französischen Menschen eingefressen hat. Bei gutem 
Willen — dessen Vorhandensein oder Nichtvorhandensein ein neues Pro¬ 
blem ist — werden Jahrzehnte vergehen, ehe diese letzten Nachwirkungen 
des Krieges endgültig beseitigt sind. 
2. Positiv. 
Der dem propagandistischen Kampf gegen Deutschland parallel 
laufende Kampf für die eigenen Bundesgenossen und zur Gewinnung 
Neutraler blieb an Intensität hinter dem ersteren zurück. Zwar sah man 
häufig Bilder, die auf die Überlegenheit der Alliierten pochten oder auf 
einzelne Bundesgenossen anspielten, aber im ganzen genommen mußten sie 
sich, um ihre Wirkung nicht zu verfehlen, doch gewisse Beschränkungen 
auferlegen, denen das agitatorische Haß- und Spottbild nicht unterworfen 
ist. Es ist nämlich eine psychologische Tatsache, daß der Mensch hetze¬ 
rische Übertreibungen und beinahe offenkundige Lügen gegenüber einem 
Dritten leichter ohne Widerspruch hinnimmt, als ein allzu dick aufgetra¬ 
genes Eigenlob des Werbenden. 
Besonders gern wiesen die französischen Zeichner auf die zahlen¬ 
mäßige Überlegenheit der Alliierten hin, die — wie sie behaup¬ 
teten — eine sichere Garantie für ihren Endsieg sei. Mangels eigener mili¬ 
tärischer Erfolge mußte man dieses wichtige Propagandamotiv, abgesehen 
von wenigen Ausnahmen, darunter die Marneschlacht und der erfolgreiche 
Widerstand bei Verdun, ungenutzt lassen. Dagegen bemühte man sich, 
wie wir sahen, wenigstens die deutschen Siege als unbedeutend für den 
Kriegsausgang und als Folgen eines barbarisch-brutalen Vorgehens zu 
stempeln. 
Von den verbündeten Staaten wurde Belgien als das „erste Opfer 
des deutschen Imperialismus“ gefeiert. Man hob die Hilfsbereitschaft' 
Frankreichs und Englands hervor, die sich für die völkerrechtswidrig ver¬ 
letzte Neutralität des kleinen Staates einsetzten. 
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