Volltext: Das Bild als Waffe

Luftschiffgefahr schwankten die französischen Zeichner zwischen dem 
Spott über den, wie sie Vorgaben, machtlosen Gegner und der Wut über 
dessen Erfolge. Der Vorwurf des Kindermordes wurde auch hier immer 
wieder erhoben. 
Es dürfte kaum eine Verletzung des Völkerrechts geben, die die fran¬ 
zösische Bildpropaganda der deutschen Kriegführung nicht zu Last gelegt 
hätte. Von der Beschießung der Lazarette bis zur Verteilung explosiver 
Spielzeuge an die französischen Kinder waren alle Schändlichkeiten ver¬ 
treten, die menschliche Phantasie ersinnen kann, so daß der deutsche 
Soldat schließlich als das Prinzip des Bösen erscheinen mußte. 
Wenn es dagegen auch Spottbilder gab — wir sagten schon, daß sie 
in der Minderzahl waren —, die den deutschen Soldaten als feigen 
Schwächling darstellen, so lag auch darin Methode. Die Greuel¬ 
propaganda mit ihrer Zwecksetzung, den Haß gegen den Feind zu schüren, 
konnte nämlich, vor allem wenn sie übertrieben wurde, als unerwünschte 
Folge eine Entmutigung gegenüber einem vermeintlich übermäch¬ 
tigen Gegner nach sich ziehen. Die Hoffnung auf den endlich doch zu er¬ 
ringenden Sieg mußte dem französischen Volk erhalten bleiben. Infolge 
der tatsächlichen Kriegslage waren allerdings Anspielungen auf die mili¬ 
tärische Unzuverlässigkeit des deutschen Heeres ziemlich selten. Um so 
stärker baute man, wie wir später sehen werden, auf den inneren Zerfall 
Deutschlands und seine Aushungerung durch die Blockade. 
c) Die deutschen Führer. 
Während die ersten beiden Ideenkreise der französischen Bildpropa¬ 
ganda sich mit der entstellten Wiedergabe des deutschen Charakters und 
der Kriegführung befaßten, griff die dritte Gruppe die hauptsäch¬ 
lichsten Repräsentanten Deutschlands heraus, um sie 
zum «epouvantail», zum Schreckgespenst der Menschheit zu stempeln. Im 
Mittelpunkt der Hetze gegen die deutschen Führer stand die Person des 
Kaisers Wilhelm II. 
Daß die öffentliche Meinung der sich mit Deutschland im Kriegszu¬ 
stand befindlichen Länder nicht zögerte, das dargebotene Zerrbild sich 
anzueignen, ist nicht weiter verwunderlich, wenn man die allgemein 
menschliche Neigung kennt, bei eintretenden Katastrophen einen Prügel¬ 
knaben und Sündenbock zu suchen. Auch hier befand sich die französische 
Propaganda gegenüber der deutschen im Vorteil. Als Wortführerin der 
westlichen Demokratien bekämpfte sie das deutsche System, konnte dies 
um so mehr, als mit dem Ausscheiden des russischen Bundesgenossen die 
letzten Hemmungen fielen und mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten 
in den Weltkrieg die Werbetheorie des Kampfes der „freiheitlichen“ Län¬ 
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