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Präsident Dr. Eugen Seydel besuchte von seiner Sommerfrische Schwert¬
berg des öfteren Dr. Schober in Perg. Unter Dr. Seydel wurde auch
das Bronzerelief Dr. Schobers im Polizeipräsidium in der Osterwoche
1933 angebracht. Die Erwerbung des Burgenlandes, die Besuche als
Außenminister und Bundeskanzler in Rom bei Papst und Mussolini, in
Berlin, London, Paris sind Marksteine in der Geschichte der Republik
Oesterreich.
Der Nervenverbrauch eines so tätigen Menschen, der sich bei be¬
ginnender Krankheit noch keine Ruhe gönnte, konnte nur parallelisiert
werden durch Mäßigkeit im Leben, einfachste Kost, stärkende Bäder und
kurze Erholung in seiner Heimat, dem überaus geliebten Perg. Doktor
Schober, der nie seinen Urlaub voll und ganz verbringen konnte, kam
nur auf kurze Zeit nach Perg, um sich neue Arbeitskräfte aus der
Heimat zu holen.
Hier in Perg konnte er sich seinem Privatleben auf kurze Zeit
widmen, hier konnte feine geliebte Gattin ihm die Stunden der Erholung
verschönern- Schober vermählte sich in jungen Iahren mit Frau Helene
Zieglmayer-Hamman, Edle von Hollenfeld. Die glücklichste Ehe, die
am 13. März 1900 in Wien geschlossen wurde, konnte nur der Tod
trennen. Unsagbar der Schmerz der untröstlichen Witwe, unzählig die
Tränen der vielen Armen, die Schober insgeheim unterstützte, unersetzlich
der Verlust für Perg und Oesterreich.
Schober begann 1932 zu kränkeln, ein Herzleiden stellte sich ein.
Im Sanatorium Guttenbrunn bei Baden starb der Altbundeskanzler,
unser allverehrter Dr. Schober, am 19. August 1932.
Imposant war die Leichenfeier in Wien, der Abschied der Wiener
von ihrem geliebten Polizeipräsidenten, der die Stadt zweimal in Um¬
sturznöten und -versuchen rettete. Die Zeitungen des In- und Aus¬
landes brachten lange Berichte und anerkannten das selbstlose Wirken.
Ehrend war die Leichenfeier vor dem Parlament in Wien, wo Bundes-
Präsident Miklas und die Regierung Abschied nahmen. In der Nacht des
23. August kam der tote Dr. Schober nach Perg, woselbst ihn die Be¬
völkerung von Perg in tiefer Trauer empfing. Die große Glocke ver¬
kündete mit dumpfen Schlägen in die Stille der Nacht die Ankunft des
toten Ehrenbürgers in seiner Heimat, wo der geschlossene Prunksarg im
Festsaale des Rathauses bis zum Begräbnis aufgebahrt stand inmitten
von Bergen prächtiger Kränze und der höchsten Ordensauszeichnungen.
Eine vieltausendköpfige Menge füllte die Straßen von Perg, von allen
Häusern wehten Trauerfahnen. Es war ein Tag, der allen Pergern
unvergessen bleiben wird. Im Film wurden die Trauerfeierlichkeiten in
Wien und Perg festgehalten. Ein Sonderzug aus Wien brachte hun¬
derte Verehrer Dr. Schobers aus Polizei-, Militär- und Privatkreisen.