Volltext: Das Heimatbuch von Perg, Oberösterreich

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die den Beweis liefert, daß auch dem Mäßigen seine Stunden ge¬ 
zählt sind. Um die Mittagszeit des erwähnten Tages wandelte unfern 
Greis ein Frost an, so daß sich der Hochbetagte zu Bett legen mußte. 
Bald darauf wurde der Frost von Hitze abgelöst) ungeachtet aller 
ärztlichen Hilfe und der angewandten Mittel nahte rasch das Ende. 
Geistig ungeschwächt sah er dem Tode, der während der von dem Greise 
erbetenen geistlichen Borlesungen seines Schwiegersohnes an sein 
Sterbelager herantrat, entgegen. Immer schwächer wurde der Greis 
und sein Lebenslichtlein begann abends nur mehr matt zu flimmern. 
„Mein Herr und mein Gott!" und „Jesus, nimm meinen Geist auf!" 
waren seine letzten Worte. Gleich darauf wurde er still, neigte sein 
Haupt und schlummerte allmählich ohne Schmerzen sanft und still in die 
Ewigkeit hinüber. — 
Als die Nachricht vom Tode Lansius' im Auslande bekannt wurde, 
nachdem sie „den Rhein und die Rhone überschritten, die Alpen über¬ 
stiegen, an die Donau und Weichsel vorgedrungen, den Ozean über¬ 
querte und die Kunde überbrachte, welchen hochberühmten Gelehrten 
und Schriftsteller die ganze Welt verloren, da war die Trauer eine 
allgemeine". 
Am Tage St. Stephan! wurde Lansius der Erde übergeben in An¬ 
wesenheit einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge, die bei 
einem fürstlichen Leichenbegängnisse nicht größer hätte sein können. Die 
Leichpredigt hielt der Doktor der Theologie und Professor Josef Demmler, 
Stadtpfarrer von Tübingen, der die hohen Verdienste des Verblichenen 
ins helle Licht zu stellen wußte. Am letzten Dezember fand im Hör¬ 
saale des Collegiums über Anordnung des Landesfürsten eine Gedächt¬ 
nisfeier für den Hingeschiedenen statt, die noch nie ihresgleichen ge¬ 
funden. 
„Niemals hat dieses Collegium Bittereres gefeiert, niemals einen um 
das Heil und den Glanz des berühmten Institutes höher verdienten 
Mann, vom ersten Anfange seiner Gründung bis auf den heutigen 
Tag, hervorgebracht. Drei württembergische Fürsten zogen den Ver¬ 
klärten in ihren Rat, Kaiser, Könige, Fürsten, Grafen, Barone und 
Ritter bewunderten ihn wegen feiner hervorragenden Leistungen und 
feierten ihn gleich dem griechischen Weltweisen Thales, ihn, der das 
Auge Württembergs und das Licht Tübingens gewesen. An ihm haben 
eine starke Stühe verloren: Das hochfürstliche Haus seinen weisen Rat¬ 
geber, die löbl. Universität einen großen Patron, die Stadt einen wohl¬ 
verdienten, getreuen Freund in Rat und Schrift, ehrliche Studiosi einen 
guttätigen Mäzenaten, die Armen ihren Wohltäter und viele rats¬ 
bedürftige Leute einen starken Beistand. Nicht allein wir trauern um 
ihn, sondern die ganze gelehrte Welt ist es, die den Verlust schmerzlich 
empfindet."
	        
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