Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

Verstärkungen gegen Rußland veranlaßten in der zweiten Oktoberhälfte 
die deutsche Oberste Heeresleitung, Auskunft über die Verteilung der 
österreichisch - ungarischen Streitkräfte an der serbischen und russi¬ 
schen Front zu erbitten. Der Antwort aus Przemysl, dem Sitz der öster¬ 
reichisch-ungarischen Heeresleitung, war zu entnehmen, daß nahezu 
ein Drittel des Heeres an der serbischen Front beansprucht blieb. Es 
hätte für die deutsche Oberste Heeresleitung der Hinweis an General von 
Conrad nahegelegen, statt Verstärkung der deutschen Waffenhilfe gegen 
Rußland zu verlangen, vorerst aus eigener Kraft durch Abgaben von der 
serbischen die Hauptkampffront zu verstärken. Aber aus oben erwähntem 
Grunde hielt sich die deutsche Oberste Heeresleitung völlig zurück. 
Türkei. 
Die Rückschläge der österreichisch-ungarischen Waffen gegenüber 
Serbien erschwerten den Mittelmächten den weiteren Kampf auf und 
um den Balkan. Noch schwieriger wurde ihre Stellung, als in der ersten 
Septemberhälfte auch an den, den Krieg entscheidenden Fronten im 
Westen und Osten die Ereignisse eine für sie ungünstige Wendung 
nahmen. Gelang den Mittelmächten auch im Spätherbst 1914 eine Wieder¬ 
herstellung der Lage, so deutete doch nichts auf ihr militärisches Über¬ 
gewicht hin, das baldigen Sieg verhieß. Hierauf wartete aber der Balkan, 
hiervon wollte er seine endgültige Einstellung abhängig machen. 
Selbst in der verbündeten Türkei waren die Rückwirkungen deutlich 
zu spüren. Immer stärker setzte sich im türkischen Kabinett die Auf¬ 
fassung durch, erst nach einem entscheidenden Siege der Mittelmächte 
und nach einwandfreier Klärung der Haltung Bulgariens den Kriegs¬ 
eintritt des Landes verantworten zu können. Bis dahin müsse es den 
Schein einer neutralen Haltung aufrecht erhalten. Mit dieser Einstellung 
konnte man den türkischen Staatsmännern nicht ganz Unrecht geben. 
Sie stand zwar im Widerspruch mit dem Bündnisvertrag; aber dem war 
entgegenzuhalten, daß die Lage sich ganz anders entwickelt hatte, als 
bei Abschluß des Vertrages am 2. August angenommen war. Damals 
hatte die Pforte nicht mit dem Kriegszustand gegen England, wohl aber 
mit der Vertragserfüllung durch Italien gerechnet und auch den Anschluß 
Bulgariens und Rumäniens an die Mittelmächte für wahrscheinlich ge¬ 
halten. War es da zu verwundern, daß Prinz Said Halim Pascha Be¬ 
denken trug, unter derartig veränderten und verschlechterten Verhält¬ 
nissen den von ihm als Großwesir unterschriebenen Vertrag zu erfüllen ? 
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