Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

Anders sah der Leiter der deutschen Operationen die Lage an. Mitte 
Juli hatte er dem Oberbefehlshaber des bulgarischen Heeres, General 
Jekow, gegenüber geäußert: „Ich persönlich glaube solange nicht an ein 
rumänisches Losschlagen, bis nicht etwa die Russen in Siebenbürgen oder 
Ungarn eindringen sollten, was hoffentlich nicht geschehen wird." An 
dieser zuversichtlichen Einstellung hielt General von Falkenhayn auch 
im August fest. Selbst der in Mazedonien Mitte des Monats erlittene 
Fehlschlag machte ihn hierin nicht irre. So wenig rechnete er mit einem 
neuen Gegner im Osten, daß er am Vorabend der rumänischen Kriegs¬ 
erklärung an Österreich-Ungarn noch den Gedanken erwog, die mazedo¬ 
nische Front durch Zuführung von Verstärkungen aus den an der Donau 
gegen Rumänien auf marschierten Truppen zur Fortsetzung des Angriffs 
gegen Saloniki zu befähigen. Infolge seiner zuversichtlichen Einstellung 
unterblieben deutsche Gegenmaßnahmen im bedrohten Siebenbürgen. Bei 
der angespannten Lage im Westen und Osten glaubte es General von 
Falkenhayn nicht verantworten zu können, unter Schädigung der Kampf¬ 
kraft an den entscheidenden Fronten Kräfte für eine Aufgabe bereitzu¬ 
stellen, von der er hoffte, daß sie nicht an ihn herantreten würde. Seine 
Vorbereitungen für den Kriegsfall gegen Rumänien beschränkten sich 
daher auf den allgemein gehaltenen Plan, den etwaigen rumänischen Ein¬ 
bruch nach Siebenbürgen im Gegenangriff abzufangen. Seine zuversicht¬ 
liche Einstellung geben Aufzeichnungen des Reichskanzlers über eine 
Besprechung mit General von Falkenhayn am 18. August wieder. Letzte¬ 
rer hatte der Vermutung Ausdruck gegeben, daß die aufgefangenen italie¬ 
nischen Funksprüche über die rumänische Frage zur absichtlichen Irre¬ 
führung gefärbt sein könnten; „er sähe keine imminente Gefahr' ‘, wenn 
die Lage ganz kritisch wäre, würde er Nachrichten haben. Das Ausbleiben 
solcher Nachrichten sei ein Beweis dafür, daß es noch nicht so schlimm 
stehe. Auch am 20. August hielt General von Falkenhayn die Lage 
„nicht für unbedingt ungünstig". Die am 37. August abends in Wien 
überreichte Kriegserklärung Rumäniens an Österreich-Ungarn traf ihn 
daher völlig überraschend. General von Cramon, der Vertreter der 
deutschen Obersten Heeresleitung in Teschen, berichtet darüber:1) „Als 
ich ihm (General von Falkenhayn) die Kriegserklärung der Rumänen am 
Fernsprecher meldete, wollte er sie anfänglich nicht glauben, ich mußte 
die Verantwortung dafür übernehmen, bevor er die Meldung an den Kai¬ 
ser weitergab." 
' l) Von Cramon, „Unser oesterreichischer Bundesgenosse im Weltkriege"; Berlin 1920, 
S. 76. 
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