Volltext: Oberste Heeresleitung und Balkan

Grenze wieder setzen oder eine Stellung um Saloniki einnehmen. Es ergebe 
sich die Frage, ob man folgen und ihn angreifen solle. Eine „zwingende 
politische Notwendigkeit“ liege kaum noch vor, wenn der Feindverband 
Serbien geräumt habe. Freilich sei es von großer moralischer Bedeutung, 
ihn ganz vom Balkan zu vertreiben, was jetzt leichter sein werde als später. 
xAndererseits dürfe man sich bei der Stärke neuzeitlicher Abwehr „keine 
zu weitgehenden Illusionen“ über die Aussichten machen. Eine gewisse 
Rolle spiele es auch, ob nicht Griechenland durch weiteres Vorgehen auf 
die Feindseite gedrängt werde. 
Generaloberst1) von Conrad trat in seiner Antwort wie schon bei 
früherer Gelegenheit dafür ein, „die volle Vertreibung und das gänzliche 
Diskreditieren der Entente auf dem Balkan“ als gemeinsames Ziel zu 
erstreben. „Ehe wir anderswro positiven Aufgaben nachgehen können“, 
hatte er General von Falkenhayn gegenüber bereits Mitte November 
geäußert, „scheint mir das volle und sichere Erreichen dieses Zieles 
entscheidend, weil wir nur dadurch einen Anschluß Griechenlands und 
Rumäniens an unsere Feinde und einen daraus entstehenden Umschwung 
der Gesamtlage verhindern können.“ Aber diese feste Blickrichtung auf 
Saloniki gab der österreichisch-ungarische Generalstabschef im Laufe des 
Dezember preis unter dem Eindruck von für Österreich-Ungarn un¬ 
günstigen Nachrichten über die Lage im Adriatischen Küstenbereich. 
Dort hatte Italien die bereits im Herbst 1914, also lange vor seinem 
Kriegseintritt begonnene Besetzung albanischen Gebiets bei Valona 
wesentlich verstärkt und verbreitert. Ungünstig war weiter, daß entgegen 
den Erwartungen in Wien Montenegro nach dem serbischen Zusammen¬ 
bruch sich keineswegs verständigungsbereit zeigte. Infolgedessen hielt 
es Generaloberst von Conrad für erforderlich, den Schwerpunkt der 
österreichisch-ungarischen Ballcan-Kriegführung von Mazedonien an das 
Adriatische Meer zu verlegen. Kurzer Hand zog er daraus die notwendi¬ 
gen Folgerungen, indem er ohne Wissen und Willen der deutschen Ober¬ 
sten Heeresleitung am 20. Dezember die von der Donau-Monarchie für den 
Feldzug gegen Serbien gestellten Verbände bis auf geringe Teile — einige 
Batterien und Trains — für andere Verwendung abberief. 
Auch ohne österreichisch-ungarische Teilnahme hielt General von 
Falkenhayn Ende Dezember die auf dem serbischen Kriegsschauplatz 
befindlichen deutschen und bulgarischen Streitkräfte zum Angriff auf 
Saloniki für ausreichend. Wenn er sich gegen Jahresende mehr und mehr 
l) Seit Juni Generaloberst. 
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