noch mit einem oder mehreren Gegnern im Westen
zu rechnen hatte, würde also die Donaumonarchie bei
voraussichtlich baldigem Kriegsbeginn eine schwere
Last zu tragen haben.
Eine Chance der Überlegenheit gab es wohl
noch für Österreich-Ungarn und das verbündete Deut¬
sche Reich. Die schleppende Kriegsb e-
r e i t s ch a s t des rustischen Riesenreiches. Diese
durch die ungeheuren Entfernungen und ungünstigen
Eisenbahnverbindungen bedingte „langsame Mobi¬
lisierung" des größten Staates der Erde stand sa seit
einem Menschenalter in allen strategischen' Lehr¬
büchern der Mittelmächte zu lesen. Und gebar das
Dogma: in dem wohl schon bevorstehenden Kriege
den Rüsten entscheidende, zumindest schwerwiegende
Teilerfolge abzuringen, bevor sie die erdrückende Über¬
macht ihrer Mällionenarmee aus dem europäischen
Kriegsschauplatz zur Gänze versammelt haben würden.
Für mich, der ich in der Bukowina auf unmittel¬
barem Beobachtungsposten gegenüber dem riesenhaf-i
ten Zukunftsfeinde stand, ergab sich da als wohl
dringlichste der Fragen:
Wird Rußland — das ja als Verbündeter Frank¬
reichs mit französischen Anleihen und Ingenieuren
seine strategischen Bahnen auszubauen im Begriffe
steht — tatsächlich im Kriegsfall so langsam mobili¬
sieren, wie dies anscheinend angenommen wurde?
Diesbezüglich so weit als möglich Aufklärung zu er¬
langen, erachtete ich nunmehr als Kardinalaufgabe
meines Kundschaftsdienstes.
Ich hatte mich an zwei der bewährtesten und durch
Jahre verläßlichsten meiner Geheimagenten gewen¬
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