Volltext: Spätgotische Kirchenbauten in Ostbayern [21]

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ihren Lisenen und Stelzbogenfriesen den Landshuter Türmen nicht 
unähnlich sind. Es ist auffallend, daß diese Entwicklungslinie verlassen 
wurde und der Turmkubus nur mehr in Ausnahmefällen dekorativ 
belebt wurde. 
Die kolossalen Türme von Aigen, Taubenbach und Schildthurn 
stehen in der süddeutschen Kunstgeschichte des 16. Jahrhunderts einzig 
da; denn der Zug der Zeit war den schweren Türmen feindlich. Die 
meisten Spätbauten hatten nur dachreiterartige Aufsätze. In Ostbayern 
hat diese Richtung — abgesehen von kleineren Kapellen — ihre Ver 
treter gefunden in den Türmen der äußeren Burgkapelle von Burg 
hausen und der vermutlich davon abhängigen, aber nahezu ein halbes 
Jahrhundert jüngeren Kirche von St. Anna (Abb. 66). 
Ein feiner, schmaler, mit drei Oktogonseiten in das Langhaus ein- 
gezogener Achteckturm krönt den ansehnlichen Kirchenbau. 
Vielgestaltig wie die Turmaufbauten sind auch die Turmbekrö 
nungen. Wohl gibt manche Turmform ein unlösbares Rätsel insofern 
auf, als die Dachkonstruktion offenbar neu ist und schwer zu ent 
scheiden ist, ob eine Rekonstruktion oder Neukonstruktion vorliegt. 
Neben dem Sattelturm, der in der Landshuter und Münchner Gegend 
eine viel größere Rolle spielt als in Ostbayern (Landshut n, Landau 15, 
Mühldorf nur mehr 6, Griesbach o Satteltürme!), und den — vielleicht 
aus späterer Zeit stammenden — Viereckhelmen in Hals bei Passau 
und Kemathen bei Arnstorf beherrscht der achteckige Spitzhelm das 
ganze Gebiet. Auf die Verbindung des Achteckhelmes mit dem Turm 
aufbau verwenden die Meister besondere Sorgfalt. Auf den quadra 
tischen Turm wird der Achteckhelm aufgeführt entweder über vier 
gewalmte Giebeln (Eiberg, Sulzbach, Wolfakirchen u. a.) oder zwischen 
4 Dreieckszinnen (Taufkirchen) oder 4 Spitzgiebeln (Heiligkreuz). Auf 
das Oktogon wird der Achteckhelm selten über Giebeln gesetzt (Unter- 
dietfurt, Abb. 28), sondern ohne Verzahnung angebracht. Dabei werden 
meist kurz über dem Ansatz die Kegelflächen etwas einwärts geknickt, 
um dem Kegel die lineare Starre zu nehmen. Bei Taubenbach und 
Schildthurn werden die Kegelgrate leicht gewunden und verstärken so 
unbemerkt den Eindruck einer mächtigen Höhenbewegung. 
Nur ein einziger Turm kann einem bestimmten Meister zuge 
schrieben werden: der von Grongörgen. Ihn hat laut Inschrift „Meister 
Thaman (Thomas) von Braunau“ gebaut.
	        
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