Volltext: Geschichte des Marktes und Curortes Ischl sammt Umgebung

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Mutter; alle Blätter, von denen jedes ein Jahr ihres 
Lebens bezeichnet, find schon verdorrt bis auf eines, auch 
dieses ist krank und wird bald verdorren, wenn dieß ge¬ 
schieht, dann stirbt Deine Mutter und kein Lebenskraut 
vermag den Tod von ihr abzuhalten." 
Dem Mädchen wurde bei jedem Worte des Berg¬ 
geistes ängstlicher zu Muthe und konnte sich der Thränen 
nicht mehr enthalten. 
„weine nicht, gutes Rind, es gibt noch ein anderes 
Mittel, sie zu retten!" 
„Sagt, o sagt es mir und wenn ich im ganzen 
Zimnitzgebirge darum suchen sollte!" 
„3ch will es Dir mittheilen" — sprach der Greis — 
„es besteht darin, daß ich die Lebensblume Deiner Mutter 
aus diesem Glase herausnehme und in jenes setze, welches 
jetzt die Deine enthält." 
„O thut es sogleich!" — bat Gertrudchen. 
„Geduld, höre mich weiter. So viele Blätter Deine 
pflanze enthält, deren nun achtzehn sind, so viele wachsen 
dann frisch an der andern pflanze, während Deine Blume 
um so viele Jahre früher verwelkt." 
„ 0 thut es nur, ich bitte Luch, auf daß meine gute Mutter 
gesunde. Gern will ich ihr Leben mit dem meinen erkaufen!" 
Da blickte sie der Greis mit leuchtenden Augen an, 
als lese er in den geheimsten Falten ihres kindlichen Her¬ 
zens und schritt an’s Werk. Bald sah Gertrud mit un¬ 
endlicher Freude die achtzehn Blätter an dem Stengel der 
noch eben welkenden Blume entsprießen. Doch bemerkte 
sie nicht, daß ihre pflanze traurig die Knospen senkte. 
Mit Thränen der Freude dankte sie dem wunderbaren 
Greise, welcher mit seinem schimmernden Stabe ihren Kopf 
berührte. Augenblicklich umflorten sich ihre Augen und sie 
sank in eine Betäubung, von der sie auf dem nämlichen 
Platze erwachte, wo sie eingeschlafen war. Das fremd-
	        
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