Volltext: Johann Eberhard Nidhard

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zu gewähren; die Königin sei in Tränen ausgebrochen, jedoch bei ihrer Weigerung 
geblieben. 4) 
Diese sonst fast unverständliche Weigerung entsprach so ganz dem Charakterzuge, 
den Maria Anna mit ihrem kaiserlichen Bruder teilte, nämlich sich schwer für etwas 
Neues zu entschließen und bei dem einmal gefaßten Entschlüsse mit großer Zähigkeit 
zu beharren; nicht minder dem Grundsätze, dem auch der Kaiser huldigte, die 
Ereignisse an sich herantreten zu lassen. Die Königin wartete zu, bis die ferneren 
Begebenheiten den Rücktritt Nidhards gebieterisch erheischten. 
In der Sorge, Nidhard einen ehrenvollen Abgang zu ermöglichen, gab Pennaranda 
der Königin den Rat, ihren Beichtvater als spanischen Gesandten an den Wiener 
Hof zu entsenden. Allein dagegen sprach sich der Kaiser aus, indem er geltend 
machte, daß man in Wien einen Gesandten weltlichen Standes nötig habe, welcher 
auch mit den Häretikern (Lutheranern) umgehen könnte, was bei einem Manne, der 
in Spanien Groß-Inquisitor gewesen, die größten Schwierigkeiten hätte. „Ich habe 
es auch fein klar der Königin und dem Nidhard selbst geschrieben, daß sie sehen, 
was das vor ein ungereimte Sach wäre. Muß er dann hinweg, so gehe er auf 
Rom, ibi est sphaera suae activitatis (dort ist ein Wirkungskreis für ihn). " 2 ) 
In diesen Wirren ließ auch Papst Klemens IX. der Königin seine Vermittlung 
anbieten, welche, wie das Hervortreten des Nuntius Friedrich Borromeo in den 
folgenden Ereignissen dartut, von der Königin auch angenommen wurde. Pötting 
bemerkt in seinem Tagebuche unter dem 24. Jänner 1669, der Nuntius habe ihm 
seine Instruktion in Bezug auf die Angelegenheit des Don Juan zugeschickt, deren 
Inhalt war, Nidhard solle sich dem öffentlichen Wohle opfern und weichen. Der 
kaiserliche Gesandte erzählt ferner noch, er habe am selben Tage mit Nidhard darüber 
gesprochen und dieser habe sich über die dem Nuntius zugekommenen Befehle wenig 
erbaut gezeigt.3) — Letzteres kann sich wohl nur auf formelle Angelegenheiten 
beziehen, vielleicht auf den Umstand, daß man sich nicht gescheut hatte, die höchste 
kirchliche Stelle in dieser Sache wider ihn anzurufen. 
Einige Zeit früher hatte bereits Ludwig XIV. von Frankreich der Königin 
alle Hilfe angeboten und geraten, Nidhard auf alle Weise zu hqlten, gleichwie 
es einstens des Königs eigene Mutter mit Kardinal Mazarin getan hätte.4) In 
der Tat hatte die Lage in Spanien große Aehnlichkeit mit jener, die zwanzig Jahre 
vorher in Frankreich durch die Unruhen der Fronde während der Minderjährigkeit 
des Königs geschaffen worden war. 
Endlich war auch Don Juan, der noch immer in Catalonien weilte, mit 
sich und seinen Helfershelfern über sein weiteres Vorgehen ins Reine gekommen. 
Er entschloß sich, nach Madrid zu gehen, und zeigte dieses der Königin in einem 
Schreiben aus Barcelona vom 22. Jänners 1669 an. Er meinte, die Reise nicht 
wagen zu dürfen ohne ein starkes bewaffnetes Geleite, so lange Nidhard noch in 
der Nähe der Königin weile. Mit 300 Reitern, die ihm Osuna zur Verfügung 
gestellt hatte, machte er sich auf den Weg. Als er mit seiner Truppe nach Saragossa 
kam, wurde er entgegen dem Verbote der Regentin mit schwärmerischer Begeisterung 
wie ein Befreier empfangen. Man veranstaltete mit einer ausgestopften Figur, die 
den Groß-Jnquisitor vorstellen sollte, einen Zug durch die Stadt nach Art eines 
_______ 
1) Auch bei Lafuente, Historia General de Espana, Madrid 1862. IX. S. 20. 
2 ) Schreiben des Kaisers vom 30. Jänner 1669 an Pötting. 
3 ) Diarium II. S. 32 bei Pribram und Pragenau a. a. O. II. S. 17. 
4) Aus dem Schreiben Leopolds I. an Pötting vom 2. Jänner 1669. 
5) Relation I. S. 336 steht irrtümlich „Februar".
	        
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