Volltext: Johann Eberhard Nidhard

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Eine besondere Schwierigkeit, die dringend nach Lösung schrie, bildete für die 
neue Regierung die Regelung der Finanzen, die sich seit ungefähr 1662 im trost- 
losesten Zustande befanden. 1664, also ein Jahr vor dem Tode des Königs, war 
der Staatsbankerott erklärt, jedoch nicht strenge durchgeführt worden. Nidhard 
beteiligte sich im Staatsrate nach bestem Wissen und Können an der Finanzreform, 
allein vielen seiner Ministerkollegen fehlte der gute Wille, da sie auch selber hätten 
Opfer bringen sollen. So regte er die Errichtung einer Junta de alivios, das 
ist eine Kommission zur Erleichterung des Steuerdruckes, an, ebenso die Ersetzung 
der verschiedenen Abgaben durch eine einzige Steuer. „Auch auf Ersparnisse in den 
Ausgaben nahm er Bedacht. Er wollte die Besoldungen der Beamten des könig- 
lichen Haushaltes, die Gnaden und Entschädigungen, die den Ministern und höheren 
Staatsbeamten zuteil wurden, ermäßigen."1) Allein durch derartige Pläne und 
Anträge, die auch Lisola unzeitgemäß erschienen, griff er in ein Wespennest. Der 
Erfolg war, daß er wenig Freunde gewann, während die Zahl seiner Feinde und 
Verleumder sich rasch vermehrte. 
Tief enttäuscht vom Gange der Ereignisse, schreibt Lisola unter dem 12. März 
1666 an den Kaiser: „Hier ist ein wahres Babylon. Der Respekt, der Gehorsam 
hört auf. Die Rechtspflege liegt darnieder; es gibt keine Strafe mehr. Die 
Finanzverwaltung ist ein unendliches Wirrsal. Alle Schuld wirft man auf den 
einen Mann, den Pater Nidhard, der mit all seiner Ehrenhaftigkeit und Frömmig 
keit den ihn umgebenden Tücken nicht gewachsen ist, dessen Ansichten aber auch diesen 
Zeitverhältnissen nicht entsprechen. Ich sehe, daß sein Sturz früher oder später 
unabwendbar ist. Zugleich wird aber auch das Ansehen der Königin sinken. Denn 
schon verbreitet man im ganzen Lande die Nachricht, die Königin kümmere sich nicht 
um die spanischen Interessen, habe nur für die Geschicke Deutschlands ein Herz und 
sende alles Geld dem Kaiser. Solche Nachrichten werden nicht nur von dem niederen 
Volke, sondern auch von den Ministern und von den höheren Ständen verbreitet."2) 
Die Königin hatte eben von vornherein bei dem überaus lebendigen National- 
gefühl der Spanier unter dem Umstande nicht wenig zu leiden, daß sie ihrer 
Abstammung nach eine deutsche Prinzessin war. Desgleichen war der Umstand, ein 
Deutscher zu sein, auch in Bezug auf Nidhard ein Stein des Anstoßes für die 
Spanier. Die Königin suchte der letzteren Schwierigkeit dadurch zu begegnen, daß 
sie um die Mitte des Jahres 1666 ihren Beichtvater naturalisierte, das heißt: in 
den spanischen Staatsverband aufnahm. Allein in den Augen des Volkes blieb er trotzdem 
der Fremde. Um sein Ansehen in einer besonderen und nachdrücklichen Weise zu 
erhöhen, tat die Königin einen weiteren Schritt, indem sie ihn zur Würde eines 
Groß-Inquisitors zu erheben trachtete. Davon soll im Folgenden des näheren die 
Rede sein. 
 
5. Gross- Gross- und Mitglied des Regentschaftsrates. 
In das Leben Nidhards hat die Königin-Regentin Maria Anna so ent- 
scheidend eingegriffen, daß es angezeigt erscheint, ihren Charakter näher ins Auge 
zu fassen. 
Wir besitzen aus jener Zeit eine Reihe von Relationen oder Berichten, wie 
sie die Gesandten über ihre Wahrnehmungen an den Höfen, an denen sie akkredidiert 
_______ 
1) L. v. Ranke, die Osmanen und die spanische Monarchie im 16. und 17. Jahr 
hundert. Leipzig 1877. S. 502. 
2) Bei O. Klopp a. a. O. I. S. 132 und Pribram, Lisola S. 281 f.
	        
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