Volltext: Das Bild als Verleumder

Sis zu welchem Grade -er Kritiklosigkeit bilden solche Darbietungen den gut¬ 
gläubigen Durchschnittsleser abwärts! Es scheint in -er Tat, als wenn ins¬ 
besondere der französische die Silder wie ein Hypnotisierter ansieht, in dem 
nur -er Hypnotiseur denkt. Ein deutscher Offizier gibt einer wegen Landes¬ 
verrat unter Kriegsrecht Erschossenen den „Gnadenschuß", wie das zur Siche¬ 
rung möglichst schnellen und schmerzlosen Todes vorkommen soll. Der „Matin" 
bringt (5. Nov. 1915) ein großes Sild von einem „Gnadenschuß", als bedeut' 
er nicht eine Linderung, sondern eine Grutalität. 3n andern Fällen hofft man 
sogar darauf, daß die Leser in einem Gilde das Gegenteil von] dem sehen, 
was darauf zu sehen ist. „Wie sie sich ergeben" — „Le Matin ' bringt noch 
am 7. November 1915 eine Photographie mit der Unterschrift: „Die Deutschen 
sind derartig toll saffolös), Saß sie die Hände bis zu dem Augenblick in die 
Lust halten, wo sie in den Graben springen." Es hält sie aber auf diesem 
Gilde kein einziger in die Lust, wird die Saite „boche" angeschlagen, schwingen 
eben alle Saiten im Klavier. 
2. Illustrationen 
Dokumente haben gewiß die meiste Schlagkraft, aber Photographien nach einer 
Wirklichkeit haben für den Verleumder einen Nachteil: es kann dies oder das 
daran fein, was einem Kundigen die Fälschung verrät, wieviel besser hat man's 
Sa bei „künstlerischer Illustration"! Da schafft der „freie Künstlergeist" eben frei; 
was man durch den Mangel an „unwiderleglich dokumentarischer Geweiskrast" 
gefälschter Dokumente einbüßt, das gewinnt man an Eindruckskrast dadurch, -aß 
sich ja alles ganz nach Wunsch herrichten läßt. 
Daß nicht nur Russen, nein, daß vor allem wir Deutschen unsere zagen Leute 
mit Maschinengewehren ins Feuer treiben, war eine im Anfang beliebte Gehaup- 
tung. die später freilich, wenn ich nicht irre, nicht mehr wiederholt wurde. 3st sie 
aber jemals widerrufen worden !Auf 
Abb. 26 und 27 sehen wir ein merkwürdiges Seispiel der „Duplizität der Ereig¬ 
nisse" — dasselbe Sild von Sosporus und tjfec. 
Abb. 28 zeigt, „wie sie ihre Gefangenen behandeln". Sie, wir Deutschen, peit¬ 
schen nämlich griechische Gefangene, die wir laut Gegleittext in den Argonnen 
gemacht haben. Muß das nicht die Griechen zum Eintritt in den Kampf gegen 
die Garbaren ermuntern! Sie werden ja nicht gleich wissen, daß in den Argonnen 
überhaupt keine Griechen in Gefangenschaft kamen. 
Abb. 29: „Wie sie das Völkerrecht zu vitrp-le-fran?ois brechen". Also: wir mi߬ 
brauchen das Rote Kreuz. Aber immer geht das ja nicht — wenn wir es nicht 
tun, so liegt das, versteht sich, nur an mangelndem vermögen. 
Abb. 30 zeigt den „Hinterhalt", wie „sie" ihn benutzen, „wenn sie Sas RoteKreuz 
nicht mißbrauchen können". Dem zu diesem Sild gehörigen Augenzeugen entging 
trotz der Entfernung seiner Linie nicht einmal, daß der Mann, de<hinter den an¬ 
dern die Rechte hochhebt, mit Ser Linken die Patronen zureicht. So also erreichen 
es die Hunnen, daß sie da und dort scheinbar siegen. Und wie machen sie's dann!
	        
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